Rede von Stadtrat Michael Schmidt zur Vorlage „Maßnahmen- und Umsetzungskonzept "Leipzig - Stadt für intelligente Mobilität" in der Ratsversammlung am 12. April 2017

Rede von Stadtrat Michael Schmidt zur Vorlage „Maßnahmen- und Umsetzungskonzept "Leipzig - Stadt für intelligente Mobilität" in der Ratsversammlung am 12. April 2017

es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

Am 16.09.2015 haben wir die Vorlage „Leipzig – Stadt für intelligente Mobilität“ beschlossen – vor einem Jahr und 7 Monaten. Darin hieß es unter Beschlusspunkt 4 „Das Maßnahmen- und Umsetzungskonzept ist der Ratsversammlung spätestens im ersten Halbjahr 2016 vorzulegen.“
Nun gut, verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin froh, dass es nun endlich vorliegt. Aber die wirklich langwierige Dauer der Erarbeitung des quasi Ideenpapiers – mehr ist es ja erst einmal nicht – zeigt doch sehr eindrücklich, wie behäbig es in Deutschland mit der Elektromobilität vorangeht. Und den Vorwurf möchte ich dabei gar nicht mal einseitig an das Wirtschaftsdezernat und das Amt für Wirtschaftsförderung richten, sondern auch an alle Partner, die an dem Thema mitwirken.

Es ist eben immer wieder schwierig, Kompromisse zu finden, die die Förderung der Elektromobilität zum Ziel hat. Ich möchte in dem Zusammenhang daran erinnern, dass es ja auch schon einen offenbar längeren Konflikt innerhalb der Verwaltung um den Namen der ersten Vorlage gab. Arbeitstitel war ja glaube ich „Leipzig – Hauptstadt der Elektromobilität“, das schien aber nicht mehrheitsfähig, weshalb wir zu dem sperrigen Namen und der daraus provozierten Diskussion kamen, was denn nun eigentlich genau „intelligente Mobilität“ sei. Keine Angst, das Thema hatten wir schon vor 19 Monaten angesprochen, ich will da jetzt kein Salz in die Wunde streuen.

Sie wissen, meine Fraktion unterstützt die Förderung der Elektromobilität – und an der Stelle möchte ich den Begriff auch so breit verstanden wissen, wie er in der Vorlage erläutert ist, nämlich ausdrücklich auch inklusive des elektrifizierten ÖPNV um Bahn UND Bus, des Radverkehrs, des Car-Sharings und des Wirtschafts- und Individualverkehrs. Letzterer, also der Individualverkehr, wird unsere Stadt bei dem stetigen Bevölkerungswachstums nicht vor dem Verkehrschaos bewahren, da setzen wir auf andere Strategien wie eben der Förderung des Umweltverbundes. Dennoch birgt auch der motorisierte Individualverkehr, sofern er nötig und elektrisch ist, Potenzial im Bereich der Luftreinhaltung und Gesundheitsvorsorge. Deshalb hat meine Fraktion in den vergangenen Jahren auch diverse Initiativen zur Förderung der Elektromobilität auf den Weg gebracht.

Zurück zum Ideenpapier, also der heutigen Informationsvorlage. Ok, die nehmen wir mal so zur Kenntnis. Viele der Ideen sind nachvollziehbar, gut und zur Umsetzung und dem Ziel entsprechend geeignet. Nachvollziehbar und richtig ist auch der Verweis auf die benannten Planwerke, Luftreinhalteplan, Radverkehrsentwicklungsplan, das Energie- und Klimaschutzprogramm, den STEP Verkehr und auch das Konzept „Autoarme Innenstadt“. Der Vorlage kann man entnehmen, dass diese Konzepte und Pläne bei der Erarbeitung der Vorlage berücksichtigt wurden und so ein ganzheitliches Konzept ergeben würden.

Sie sehen es mir nach, wenn meine Fraktion das anders sieht. Zumindest was die Maßnahmen angeht, die die Innenstadt und somit direkt das Konzept der Autoarmen Innenstadt betrifft und diesem zuwiderläuft. Wenn ich künftig einen Teil der oberirdischen Parkplätze in der Innenstadt kostenfrei für E-Autos zur Verfügung stelle, dann schaffe ich nicht nur einen Anreiz, sich ein E-Auto anzuschaffen, sondern ich schaffe einen Anreiz, mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren. Und genau da steht das eine Konzept mit dem anderen Konzept auf Kriegsfuß. Ich bin froh, dass sich die oberirdischen Stellplätze in der Innenstadt reduziert haben und sich die Straßen zu halben Fußgängerzonen entwickeln und wenn es nach mir geht, sollte sich dieser Trend fortsetzen. Wenn es aber schon nicht zu einem weiteren signifikanten Abschmelzen dieser Stellplätze kommt, dann sollten wir doch wenigstens darauf drängen, zumindest die Autos mit Verbrennungsmotor weitestgehend aus der Innenstadt und damit den Flaniermeilen fern zu halten – sie doch zumindest in die Parkhäuser leiten.

Unser formulierter Vorschlag ist natürlich ambitioniert, vielleicht überspitzt – aber er wird unzweifelhaft dafür sorgen, dass es zu einer weiteren deutlichen Steigerung der Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt kommen wird.
Und was den anderen Antrag zum Lieferverkehr betrifft: Bitte konzentrieren Sie sich vielmehr auf ein tatsächlich gewinnbringendes innovatives Logistikkonzept für die Innenstadt, statt einfach die Lieferzeiten unbefristet auszuweiten. Es hat ja Gründe, warum wir für die Anlieferung von Waren festgelegte Zeiträume in den Vormittagsstunden haben. Alles was darüber hinaus geht, wird zu ungeahnten Konflikten in den Fußgängerzonen führen und ich glaube nicht, dass dies letztlich der Förderung der Elektromobilität dienlich ist.

Wir beantragen somit, die eine Idee in veränderter Form weiterzuentwickeln und die andere Idee bitte sein zu lassen. Und in dem Zusammenhang möchte ich auch mal mein Befremden ausdrücken. Selbst wenn wir heute eine Informationsvorlage auf der Tagesordnung haben, die wir zur Kenntnis nehmen und nicht extra beschließen, so legitimieren wir die Verwaltung dann doch mit unserer Kenntnisnahme zur weiteren Arbeit an den beschriebenen Sachverhalten. Und genau deshalb stellen wir die beiden Änderungsanträge. Und genau deshalb bin ich befremdet, dass schon Hochglanzbroschüren vom März 2017 im Umlauf sind, die mit sämtlichen beschriebenen Ideen und Maßnahmen werben und diese damit quasi legitimieren. Wir haben ganze 19 Monate auf die Vorlage gewartet. Statt einfach noch die heutige Stadtratssitzung abzuwarten, tut die Verwaltung so, als hätte sie es jetzt besonders eilig und müsse in den Druck gehen. Dies finde ich unangemessen gegenüber dem Stadtrat und würde mir das für die Zukunft anders wünschen.

Ich bitte herzlich um Unterstützung für unsere beiden Änderungsanträge.

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