Rede von Tim Elschner in der Ratsversammlung am 16. September 2020 zum Antrag "Zielstellung bei der Entwicklung der neuen Stadtwerke-Zentrale definieren, um Fehlsteuerung aufzuhalten!"

-es gilt das gesprochene Wort-

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Begeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
sehr geehrte Leipzigerinnen hier in der kongreßhalle oder beim Livestream,

im Leipziger Süden entsteht die neue Unternehmenszentrale der Leipziger Stadtwerke. Es ist verständlich, wenn die Leipziger Stadtwerke ihre im Stadtgebiet verteilten Unternehmensbereiche an einem eigenen Standort konzentrieren wollen.

Fragen Sie mich persönlich, so hätte ich mich als Stadtwerke für den firmeneigenen Standort an der Roscherstraße, dem ehemaligen Gasometer, entschieden.

Die Leipziger Wasserwerke in der Johannisgasse und die Leipziger Wohnungsbaugesellschaft in der Wintergartenstraße sind mit ihren Firmenzentralen prominent und sichtbar in unmittelbarer Nähe zum Ring platziert. Ich hätte es gut gefunden, wenn unter dem Stichwort „Adressbildung“ und unter dem Gesichtspunkt einer vertiefenden stadträumlichen Betrachtung der Gasometer in der Nähe zum Stadtbad eine realistische Chance als neue Firmenzentrale der Stadtwerke bekommen hätte.

Ich sehe,wie andere deutsche Städte gerade, teilweise ausgesprochen kreativ, Firmenzentralen ihrer Stadtwerke neu platzieren und ein Leitgedanke, nämlich der des flächensparenden Bauens neben dem Kriterium der Innenstadtnähe, dabei besondere Beachtung und Berücksichtigung findet.

Mit der Stadtwerke-Zentrale im Leipziger Süden vergibt sich die Stadt meiner Meinung nach die Chance,ein neues nutzungsgemischtes Stadtquartier in der Innenentwicklung entstehen zu lassen, das Verbindungsglied der bislang trennenden Gebiete wie den Leipziger Süden, Marienbrunn und die Alte Messe gewesen wäre.

Meine Damen und Herren,

zur Gestaltung des Areals der künftigen Stadtwerke-Zentrale wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben.

Und das zu einem Zeitpunkt, indem Politik und ich denke auch die Stadtverwaltung nur sehr unvollständig sich über diesen Standort und seine stadträumliche Einordnung Gedanken gemacht haben.

Wir Grüne hätten es gut gefunden, einen Masterplan für das Areal zwischen Richard-Lehmann-Straße und Arno-Nitzsche-Straße vorab zu erarbeiten. Selbstverständlich mit einer Akteurs- und BürgerInnenbeteiligung. Überhaupt hätte dem Planungsprozess bis heute ein deutliches mehr an Transparenz gut gestanden.

So war meine Fraktion gezwungen, mit unserem im Januar eingereichten Antrag darauf aufmerksam zu machen, dass eben noch ganz ganz viele Dinge, die eigentlich auch in Zusammenhang mit den Vorab-Überlegungen zur neuen Stadtwerke-Zentrale, erledigt hätten werden müssen, bislang augenscheinlich keine Beachtung fanden oder einfach als unbeachtlich bewertet wurden.

Das war für mich das Erschreckende in diesem Prozess von der Antragstellung bis heute zur Beschlussfassung. Ähnlich wie beim Erbbaurecht für die Fläche des ehemaligen Schwimmstadions, so musste ich auch hier wirklich geduldig sein. Das ist wahrlich eine große Herausforderung für mich!

Und ich hatte zeitweilig den Eindruck, dass nur wir Grüne neben den sachkundigen Einwohnern des FA Stadtentwicklung und Bau sensibel für die Entwicklung des großen Areals und der damit zusammenhängenden Herausforderungen sind.

Insofern war es ein großer Erfolg, dass es aufgrund unseres Antrages dann doch zum wirklich wichtigen Workshop gekommen ist. Bravo!

Unsere Kernziele, die wir mit unserem Ursprungsantrag von Beginn an verfolgten:

eine Durchwegung des Gesamtareals, das flächensparende Bauen, das Ermöglichen weitere Nutzungsbedarfe bzw. Zwischennutzungen und die Erarbeitung eines wirklich zukunftsweisenden Mobilitätskonzeptes.

Ich habe in diesem Zusammenhang irgendwoher aus dem Off vernommen, wir Grüne würden uns mit unserem Antrag quasi am Wettbewerbssieger und dem Architekturwettbewerb abarbeiten und das Ergebnis gar in Frage stellen. Das ist wirklicher Nonsens, das Ergebnis des Wettbewerbs ist selbstverständlich zu respektieren. Der Siegerentwurf wird auch von den Stadtwerken umgesetzt.

Und das gleiche gilt eben auch für den Siegerentwurf des Architektur- und Gestaltungswettbewerbs zum Stadtraum Bayerischer Bahnhof. Die Entwicklungen dort besorgen mich seit längerer Zeit. Von allen Seiten wird bereits heute die noch nicht einmal entstandene öffentliche Parkanlage stadträumlich angefressen, so dass hier an dieser Stelle wirklich nach gedacht werden muss, ob alle Beteiligten hier noch ein gemeinsames Ziel vor Augen haben. Und Herr Schlegel, auch hier achte ich ganz genau auf die Umsetzung des Siegerentwurfs aber auch der Stadtratsbeschlüsse.

Zurück zum Workshop:

Ich empfand die Diskussion außerordentlich konstruktiv. Allen Beteiligten ist dafür zu danken. In vielen Punkten konnte eine hohe Einigkeit erreicht werden, insbesondere hinsichtlich der Planung und Umsetzung der Aktiv-Achse-Süd zwischen Richard-Lehmann-Straße und Arno-Nitzsche-Straße sowie Öffnung des Campus zur Aktiv-Achse-Süd für Mitarbeiter*innen und Besucher*innen. Dieses Ergebnis ist wirklich toll. Es muss dann nur noch umgesetzt werden.

Das hohe Maß an Einigkeit zeigte sich auch darin, dass in ihrem ursprünglichen Änderungsantrag die Fraktionen Die Linke und SPD die im Workshop angesprochenen und gemeinsam erarbeiteten Zielstellungen übernommen haben. Nun sind Grüne, Linke und SPD zuletzt auch noch darin übereingekommen, den nun gemeinsamen Antrag auf eine breite und gemeinsam tragende Basis zu stellen. Herzlichen Dank an dieser Stelle.
Ich habe indes gehört, andere Fraktionen wollten sich kurz vor Schluss nun auch nochmal mit der Thematik und dem neu abgefassten Antrag auseinandersetzen. Meine Damen und Herren, ich sagte es eingangs: Das Thema stand weiß Gott oft genug auf der Tagesordnung des Fa Stadtentwicklung und Bau. Da wäre Gelegenheit gewesen, sich zielführend und nicht etwa schweigend einzubringen.

Meine Damen und Herren, unsere grüne Kernforderungen unter Beachtung der Entwicklungen des so für die Clubkultur wichtigen Gleisdreiecks Connewitz finden sich auch in der Neufassung des Antrags Berücksichtigung: so etwa die Doppelnutzung von Stellplätzen auch von den BesucherInnen des Clubgeländes oder die zeitnahe Planung sowie Realisierung des zusätzlichen S-Bahn Haltepunktes Marienbrunn.

Ich finde, die Stadtwerke vergeben sich nichts, wenn im Zuge der Realisierung des Vorhabens weiter fortlaufend geprüft wird, inwiefern doch weitere Teile des Stadtwerke Geländes für die Öffentlichkeit bzw. gemeinschaftlich genutzt auch zwischengenutzt werden könnten. Selbstverständlich sind dabei die gesetzlichen Anforderungen bzgl. der Sicherheitsbereiche ebenso zu berücksichtigen wie Entwicklungspotentiale für weitere Konzernbereiche der Leipziger Gruppe.

Meine Damen und Herren,
ich finde: die Neufassung des Antrags von Grünen, Linken und SPD zur neuen Stadtwerke-Zentrale ist eine Runde feine Sache. Die Stadtverwaltung wird nicht ernsthafte Zweifel daran haben. Leipzig gewinnt und die Stadtwerke gewinnen, wenn wir in die Umsetzung gehen.
So lassen Sie uns heute bitte dem zukunftsweisenden Stadtratsbeschluss zustimmen.
Vielen Dank.

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