Rede von Tim Elschner in der Ratsversammlung vom 21. Juli 2017 zum Verkauf des Grundstückes Windmühlenstraße / Grünewaldstraße (südliches Baufeld Wilhelm-Leuschner-Platz)
- Es gilt das gesprochene Wort! -
Sehr geehrter Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
sehr geehrte Gäste und Zuseher im Live-Stream,
letztes Jahr im Oktober 2016 hat der Stadtrat beschlossen, dass ihm der Entwurf des Kaufvertrages spätestens zum II.Quartal 2017 gemeinsam mit dem in der Erarbeitung befindlichen Masterplanes zur Beratung vorzulegen ist.
Seitens der Stadtverwaltung wurde vorgeschlagen, dass die Veräußerung zum Verkehrswert erfolgen soll. Auch dies hat der Stadtrat so beschlossen. Die Verwaltungsvorlage räumt dem Freistaat nun aber einen Preisnachlass ein!
Außerdem wurde beschlossen, dass die Leitlinien zur Fortführung des Aufstellungsverfahrens zum Bebauungsplans zum Gegenstand der Kaufvertragsverhandlungen zu machen sind.
Und wenn der Freistaat den in den Leitlinien beschlossenen Geschosswohnungsanteil für Wohnungen von 40 % nicht oder nicht vollständig wird errichten können, soll dieser nach Möglichkeit auf den anteiligen Grundstücksanteil in dem südlichen Baufeld des Wilhelm-Leuschner-Platzes verzichten.
Auf Drängen auch meiner Fraktion wurde des Weiteren folgende und für uns nicht unwesentliche Auflage zum Gegenstand der Verhandlungen über den Verkauf des südlichen Baufeldes gemacht:
Ich zitiere: „Vereinbarung einer im Grundbuch zu sichernden 4-jährigen Rückfallklausel zugunsten der Stadt Leipzig für den Fall, dass der Freistaat Sachsen seiner Investitionsverpflichtung (Baugebot) für die (Rest-)Fläche des Baufeldes Süd nicht bis spätestens Ende 2020 nachkommt und diese mindestens mit Bauanträgen unterlegt. Der Rückkauf erfolgt zum heutigen Verkehrswert. Ein Weiterverkauf an Dritte ist auszuschließen.“
Auf den ersten Blick, könnten wir sagen: „Alles Paletti!“ - Der Beschluss wurde doch annähernd umgesetzt! Weshalb also die Aufregung! Zu dieser Auffassung kann man allerdings nur kommen, wenn man allein dem Argument der Wirtschaftsförderung folgt und alles andere aus uns eben nicht nachvollziehbaren Gründen unterordnet.
Wir, die Stadträte und Stadträtinnen, stehen (nachdem sie unseren Absetzungsantrag abgelehnt haben) heute in der Verantwortung und haben nun darüber zu befinden, ob nicht nur gut im Sinne des Beschlusses vom Oktober 2016 verhandelt wurde, sondern sich die weitere städtebauliche Entwicklung hinsichtlich des südlichen Baufeldes auch in das Gesamtkonzept Wilhelm-Leuschner-Platz ganz grundsätzlich einfügt.
Und in diesem Zusammenhang wurde von der Stadtverwaltung nicht präzise - man möchte sagen: wieder einmal - gearbeitet. Der Entwurf des Masterplanes, der für eine sachgerechte Beurteilung ebenfalls notwendig ist, wurde uns nun auf dem letzten Drücker vor nicht einmal 48 Stunden zur Verfügung gestellt.
Ausreichend Zeit diesen Entwurf auch in den Fraktionen annähend in Zusammenhang mit der Zweitvorlage sachgerecht beraten zu können, war und ist somit nicht gegeben.
Der richtige Weg angesichts dieser kaum verständlichen Vorgehensweise wäre dann wohl besser doch dieser gewesen: den Masterplan diskutieren, falls notwendig, weiter zu qualifizieren, um ihn dann zu beschließen. Danach wäre über eine geplante Veräußerung der Grundstücke des südlichen Baufeldes zu befinden. Im Nachhinein ist man leider klüger!
In Bezug auf das uns vorgelegte Verhandlungsergebnis in Form dieser Zweitvorlage kommen wir Grüne - Stand unserer Beratungen von heute - zu dem leider ernüchternden Ergebnis, dass wir, wenn diese Zweitvorlage heute so beschlossen werden sollte, die einmalige Chance vergeben, unsere stadtententwicklungspolitischen Ziele umzusetzen, indem wir als Stadt Leipzig die Grundstücke kleinteilig im Sinne eines vielfältigen Bauens und mittels Konzeptvergabe vergeben.
Diese Umsetzung wäre unseres Erachtens auch angesichts der derzeitigen Marktlage ohne weiteres möglich, denn viele Akteure des Bauens warten sehnsüchtig auf schnell bebaubare Grundstücke. Und der Stadtratsbeschluss zur Erarbeitung einer Leitlinie zur Vermarktung der städtischen Grundstücke auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz würde nicht gänzlich ins Leere laufen!
Weshalb also wurde nicht dahingehend verhandelt, die Fläche für das Forschungszentrum bedarfsgerecht in gewünschter Größe zu verkaufen? Transparenz: Fehlanzeige! Denn auch wir Grüne halten eine Ansiedlung des Forschungszentrums auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz grundsätzlich für wünschenswert, das möchte ich hier betonen und nochmals klarstellen! Und für den Fall, ein weiteres Institut hätte ebenfalls Interesse, sich auf dem südlichen Baufeld anzusiedeln, ständen dann seitens der Stadt ganz sicherlich weitere Baufelder dafür bereit.
Wir Grüne vertreten ganz grundsätzlich den auch ihnen bekannten Standpunkt, dass wir uns als Stadt Leipzig in der wachsenden Stadt Flächenbevorratungen durch Dritte schlicht nicht mehr leisten können. Von einer strategischen Neuausrichtung der städtischen Liegenschaftspolitik ist leider, dass zeigt das heutige Beispiel wieder einmal deutlich, herzlich wenig zu spüren!
Und ich gebe ferner zu Bedenken, dass der Freistaat bei dem angeblichen Interesse, Wohnungen bauen zu wollen, in jedem Fall Neuland betreten würde. Also weshalb sollten die Baufelder unter Berücksichtigung der langen Entwicklungsfristen, die vertraglich nun ausgehandelt wurden, nicht an erfahrene Bauherren, Projektentwickler und Baugruppen seitens der Stadt veräußert werden!? Diese würden und könnten schnell und nicht erst bis 2025 die dringend benötigten Wohnungen in verschiedenen Größen und Segmenten bauen und schlussendlich auf dem Markt anbieten.
Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen,
sie sehen, warum wir Grüne weiteren dringenden Beratungsbedarf angemeldet haben. Nun werden wir zu einer Entscheidung heute, aus unserer Sicht ohne Not, gezwungen.
Meine Damen und Herren, wir werden die Zweitvorlage abzulehnen!
Vielen Dank!