Rede von Tim Elschner zum Antrag „Mehr Schutz für Kandidatinnen und Kandidaten auf ein Ehrenamt: Keine Veröffentlichung von Wohnanschriften!“

Rede von Tim Elschner, verwaltungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Antrag „Mehr Schutz für Kandidatinnen und Kandidaten auf ein Ehrenamt: Keine Veröffentlichung von Wohnanschriften!“ in der Ratsversammlung am 18. Mai 2016

Sehr geehrter Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Herren Beigeordnete, sehr geehrte Frau Dubrau,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

die Adressen der Bewerberinnen und Bewerber bei Kommunalwahlen in Sachsen werden bislang öffentlich bekannt gemacht. Ausnahmen gibt es nur für Bewerberinnen und Bewerber, die einer Meldesperre unterliegen.

Zwei wesentliche Gründe haben meine Fraktion im Januar 2016 dazu bewogen, den jetzt zur Abstimmung stehenden Antrag „Mehr Schutz für Kandidatinnen und Kandidaten auf ein Ehrenamt: Keine Veröffentlichung von Wohnanschriften!“ zu stellen:

1. Anschläge und Sachbeschädigungen gegen politisch aktive Personen und ihr privates Umfeld,

und

2. Briefsendungen mit manchmal zweifelhaftem Inhalt, aber auch Werbung und Informationsbroschüren an gewählte Bewerberinnen und Bewerber.

Ergo: Politisch Aktive, ehemalige Bewerberinnen und Bewerber sowie jetzt Gewählte erfahren zunehmend Eingriffe in ihre Privatsphäre!

Wir Grüne begrüßen, dass die Stadt Leipzig als Wahlbehörde gegenüber der Rechtsaufsichtsbehörde und dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag in ihrem Erfahrungsbericht zu den Kommunalwahlen 2014, die Überprüfung der Notwendigkeit der Angabe von Straße und Hausnummer in der öffentlichen Bekanntmachung der Bewerberdaten bereits vorgeschlagen hat.

Wir sind erfreut über die im Februar 2016 erfolgte erste Positionierung des Sächsischen Städte- und Gemeindetag zum Thema. Dieser spricht sich dafür aus, dass bei den öffentlichen Bekanntmachungen insbesondere die Veröffentlichung der Anschriften der Bewerber bzw. Gewählten möglichst entfallen solle! Denn dies diene nicht zuletzt deren Schutz!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das Thema wird derzeit auch im Landtag von Schleswig-Holstein aufgrund eines Antrages der Piraten-Fraktion beraten. Im Abgeordnetenhaus von Berlin gab es dazu einen interfraktionellen Antrag, der im März diesen Jahres einstimmig beschlossen wurde und nun vom Berliner Senat noch vor den Landtags- und Bezirks-(sprich: Kommunal-)Wahlen umgesetzt wird.

Es geht also!

Falschen Erwartungen gilt es dennoch vorzubeugen: Auch mit einem Verzicht auf die Veröffentlichung von Wohnanschriften wird keine absolute Sicherheit für die Bewerberinnen und Bewerber geschaffen, jedoch steigt mit einer  Änderung der Kommunalwahlordnung dahingehend die Hürde, die Privatanschrift herauszubekommen.

Aus Sicht meiner Fraktion wäre es sinnvoll und auch ausreichend, wenn Bewerberinnen und Bewerber in der Bekanntmachung der Wahlvorschläge nach ihrem Wohnsitz örtlich nur über eine Nennung der Postleitzahl zugeordnet werden könnten und im Weiteren eine Erreichbarkeitsanschrift anzugeben wäre, so dass eine Auskunftssperre nach Bundesmelderegister künftig nicht mehr notwendig wäre.

Mit einer solchen Regelung könnte nicht nur dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, sondern insbesondere auch dem daraus abgeleiteten Schutz auf informationelle Selbstbestimmung entsprochen werden.

Ob die Sächsische Staatsregierung das Anliegen zielführend aufgreift bleibt abzuwarten!

Wir Grüne finden, dass der Leipziger Stadtrat mit einem deutlichen Votum, Sie, Herr Oberbürgermeister Jung in ihren Bemühungen gemeinsam mit dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag unterstützen sollte, die Staatsregierung von der Notwendigkeit der Änderung der Sächsischen Kommunalwahlordnung im gerade beschriebenen Sinne zu überzeugen!

Bitte stimmen Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, deshalb unserem Antrag zu!

Denn das Stück mehr an Sicherheit könnte potentielle Bewerberinnen und Bewerber, die aber vielleicht gerade wegen der Veröffentlichung der Privatanschrift bislang noch skeptisch sind, von der Teilnahme an den nächsten Kommunalwahlen überzeugen!

Vielen Dank!

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