Rede von Tim Elschner zum Antrag " Bürgerbeteiligung stärken - Bürgerhaushalt in der Stadt Leipzig mit dem Doppelhaushalt 2021/22 endlich einführen" in der Ratsversammlung am 15. Mai 2019

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Foto: Martin Jehnichen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterin und sehr geehrte Bürgermeister,
sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen Stadträte,
werte Gäste,

glauben sie wirklich, Herr Bonew, dass Leipzig einen Bürgerhaushalt hat?

Nein, Leipzig hat keinen Bürgerhaushalt. Das wissen Sie im Grunde auch so gut wie ich. Sie sprechen von einem mittlerweile etablierten und durchaus erfolgreichen Verfahren, die Bürgerinnen an der Haushaltsplanung mittels Bürgereinwendungen zu beteiligen. Ich meine: Die Verwaltung macht nicht unbedingt viel mehr, als gesetzlich vorgesehen und notwendig, um die Bürger und Bürgerinnen an der Haushaltsplanung zu beteiligen.

Denn eines ist doch klar: Niemand, weder der Oberbürgermeister noch die Herren und Frauen Beigeordnete, haben sich in den letzten Jahr damit hervor getan, dass sie Expertin oder Experte von Bürgerbeteiligung sind oder sich auf dem Wege dazu befinden. Es wird ihnen auch niemand sagen, er oder sie sei gegen Bürgerbeteiligung. Und so lautet dann die Formel: Wir wollen nicht mehr, sondern gute Bürgerbeteiligung.

Und Beispiele schlechter Bürgerbeteiligung haben wir auch in dieser Wahlperiode einige mit erleben können:
- Die Bürgerbeteiligung zum Pleißemühlgraben: ein Desaster.
- Das Bürgerbeteiligungsverfahren zum Straßenbaumkonzept.
Es wird durchgeführt , und zur Umsetzung des Konzeptes, stellt die Verwaltungsspitze kein Geld in den Haushalt. Den Stadtrat und die Bürger und Bürgerinnen, die engagiert teilgenommen haben, läßt man so im Regen stehen. Das ist das Gegenteil von Ernst nehmen, das ist Verschaukeln auf ganzer Linie. Und der Stadtrat musste mit Haushaltsanträgen dies erfolgreich korrigieren. Ich hoffe, dass in Bezug auf das Bürgerbeteiligungsverfahren zu LeipzigGrün2030, Sie uns, Herr Rosenthal, noch die Summen benennen, die Verwaltung zur Umsetzung des
Konzeptes in den nächsten Jahren einplant und vorsieht.

Und die Verwaltung hat es immer noch nicht geschafft oder besser: sie will es einfach nicht, das Sachverständigengremium Bürgerbeteiligung einzurichten.

Und so reiht sich der Verwaltungsstandpunkt auch in das eben gesagte ein. Schöne Worte kaschieren die grundsätzlich negative Haltung zu mehrstufigen Bürgerbeteiligungsverfahren. Es ist schon wirklich schlimm, wenn die Damen und Herren, wenn sie dann mal bei einem Beteiligungsverfahren dabei sind, auf immer die selben Menschen
treffen. Dieses Argument höre ich immer wieder. Es ist fatal. Ich bleibe dabei. Jedes einzelne Argument ist es wert, diskutiert und abgewogen zu werden. Es ist deshalb genauso falsch, die Qualität eines Bürgerbeteiligungsverfahren allein an der Anzahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu bemessen. So ein Quatsch.

Meine Damen und Herren,
wir Grüne freuen uns, dass die Fraktion Die Linke vor einem halben Jahr diesen Antrag ins Verfahren gebracht hat. Denn auch wir Grüne sind von der Idee eines Bürgerhaushaltes fürLeipzig überzeugt. So steht es in unserem Kommunalwahlprogramm von 2014. Wir Grüne sind aber skeptisch, sehr skeptisch, in Bezug auf den uns
vorgelegten Verwaltungsstandpunkt.

In Bezug auf eine Evaluierung des Verfahrens der Bürgereinwendungen zum Haushaltsplan ist unserer Auffassung das noch zu schaffende Begleitgremium Bürgerbeteiligung mit seiner künftigen Expertise zwingend mit einzubeziehen, ebenso bei der Erarbeitung eines Beteiligungskonzeptes.

Wir halten es derzeit auch für nicht ausreichend, dass allein aufgrund eines moderierten Workshops, an dem lediglich Verwaltung und die Mitglieder des FA Finanzen teilnehmen sollen, das neue Konzept erarbeitet wird. Eine Rückkopplung des Konzeptentwurfes in eine interessierte Stadtgesellschaft aber auch in die Ortschafts- und
Stadtbezirksbeiräte halten wir für unverzichtbar. Nicht nur von Stuttgart kann und sollte man in Puncto Bürgerhaushalt lernen, auch Potsdam hat seit 12 Jahren einen erfolgreichen Bürgerhaushalt. Zwei Großstädte, die durchaus auf verschieden Art und Weise zeigen, wie es gehen kann!

Deshalb begrüßen wir die Neufassung des Antrages der Linksfraktion, der von einer 1:1 Übernahme der Stuttgarter Praxis absieht. Und so Spielräume dafür geschaffen werden, um das Maßgeschneiderte und damit das Beste für Leipzig zu finden. Damit alle in dem Bürgerhaushalt einen Mehrwert für Verwaltung, Stadtrat und Bürgerschaft sehen können.

Das heißt, wir sind gespannt, wie sie Herr Bonew als 1. die Evaluation angehen wollen: Es wird nicht ausreichend sein, dass nur die Verwaltung hier Stellung bezieht. Aber sie haben sicherlich gleich auch schon einen Vorschlag parat, wie in Bezug auf die Evaluation auch die Meinung von Stadtrat und vor allem den Bürgerinnen ganz selbstverständlich mit zum Tragen kommt.

Meine Damen und Herren, sie sehen: es gibt viel Fallstricke. Eine gute Bürgerbeteiligung will gelernt und ständig eingeübt werden. Bitte sehr, geehrte Kolleginnen und Kollegen, stimmen sie unserem Änderungsantrag zu. Wir Grüne stimmen heute für einen künftigen Bürgerhaushalt, der seinem Namen auch verdient.

Vielen Dank.

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