Rede von Tim Elschner zum Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Die Linke „Quartiersentwicklung "Eutritzscher Freiladebahnhof"

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Foto: Martin Jehnichen

-Es gilt das gesprochene Wort!-

Sehr geehrter Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
sehr geehrte Gäste und Zuseher des Live-Streams,

„Man braucht eine Politik, die denkt, bevor der Bagger kommt.“ Diesen Satz sagte der Grüne Spitzenkandidat Ludwig Hartmann im gestrigen großen TV-Duell zur Bayerischen Landtagswahl.
Wie recht er mit diesem Satz doch hat!

Die Antragstellerinnen, nämlich die Fraktionen Die Linke, die SPD-Fraktion und meine Fraktion, denken mit, bevor die Bagger kommen sollen.
Die Antragstellerinnen kontrollieren die Verwaltung, unterstützen diese und wir gestalten auch mit. Das ist unser Auftrag als Stadträtinnen und Stadträte. Wir nicken nicht einfach mal so irgendeine Hinterzimmerpolitik ab! Nein, auch im Sinne der „kooperativen Baulandentwicklung“ und weil wir die bislang durchgeführte Bürgerbeteiligung und die bisher erzielten Ergebnisse in Bezug auf die Quartiersentwickung auf dem ehemaligen Freiladebahnhof Eutrischtzer Straße ernstnehmen, haben wir diesen Antrag gestellt. Wir nehmen uns der Sorgen und Nöte der Club-Betreiber an, nehmen Gewerbetreibende mit ihren Belangen erst und auch die Teilnehmenden beim Nachbarschaftsforum, die ihr entgegengebrachtes Vertrauen nicht enttäuscht wissen möchten.
Kolleginnen und Kollegen Stadträte, als Antragstellerinnen sprechen wir uns auf dem Gelände des ehemaligen Freiladebahnhofes für gemeinwohlorientierte Grundstücksübertragungen aus.

Denn durch eine höhere Dichte und ein mehr an Bruttogeschoßfläche, die wir drei Antragstellerinnen ausdrücklich begrüßen, wird mehr Platz für Wohnen und Arbeiten in dem neuen Stadtquartier geschaffen. Und zum Ausgleich dieses wirtschaftlich nicht unerheblichen Vorteils, den die Vorhabenträgerin dadurch erhält, sprechen wir uns gleichzeitig für eine Übertragung von bestimmten Baufeldern und Flächen aus, weil damit natürlich auch die Anforderungen an die Infrastruktur steigen.
Mit der Sicherung von Gemeinbedarfsflächen soll und muss unseres Erachtens die Stadt die gestalterische Möglichkeit erhalten, in diesem neuen Stadtquartier mit einer „Kulturmeile“, einem „Sportpark“ sowie mit der Beförderung experimentellen Wohnens im Sinne idealerweise kooperativer Wohnprojekte wichtige stadtentwicklungspolitische Ziele wirksam setzen zu können.
Im Gegenzug ist es natürlich auch wiederum richtig, wenn in den weiteren Planungen und Verhandlungen auch der erkennbare Mehrbedarf an Einzelhandelsflächen und einzelhandelsnahen Dienstleistungen mit abgehandelt wird. So denke ich funktioniert im besten Sinne ein Interessenausgleich!

Die Neufassung des Verwaltungsstandpunktes, die erst gestern Nachmittag im Allris veröffentlicht wurde, zeigt: Unser Antrag mit seiner Intention war nicht umsonst. Er war richtig und wichtig. Und wir drei Fraktionen können in Bezug auf die bisher uns vorliegenden Verhandlungsergebnisse von einem ersten größeren Teilerfolg sprechen:
Die Grundstücksübertragungen an die Stadt für kulturelle, soziale und innovative Einrichtungen als sog. „Wohnfolgeeinrichtungen“ werden kommen! Die Vorhabenträgerin wird auf eigene Kosten die Instandsetzung und Herrichtung der Gebäude von Lokschuppen und Ladeschuppen, nach mittlerem üblichem Standard für Wohnfolgeeinrichtungen übernehmen.

Auch bei der Erbringung von Planungsleistungen wird es künftig eine klare Regelung geben, für den Fall, dass nicht fristgerecht erfüllt wird. Denn und das muss an dieser Stelle auch gesagt werden, der Masterplan hätte bereits im II. Quartal 2018 vom Stadtrat beschlossen werden sollen und es ist jedenfalls nicht erkennbar, dass für den Verzug die Stadtverwaltung verantwortlich gemacht werden kann.

In Bezug auf das von uns geforderte ökologische Konzept und Vorzeigequartier begrüßen die Antragstellerinnen, dass nicht nur die Regenwasserversickerung, das Stadtklima, die Begrünung im Allgemeinen und die Dachbegrünung im Besonderen, Energieeffiezenz eine gewichtige Rolle spielen, sondern auch die „Mobilität“ in diesen Sachzusammenhang fällt. Und so fordere ich Anstrengungen ein, dahingehend dass es entlang der Bahnstrecke auch in der Umsetzung zu einer qualitätsvollen Radverkehrsverbindung kommt.
Erst letzte Woche, liebe Kollegen und Kolleginnen, sind Sie mehrheitlich dem Grünen-Antrag gefolgt, dass die Stadt Leipzig Mitglied im Förderverein Bundesstiftung Baukultur e.V. werden solle. Bekanntlich soll das neue Stadtquartier nicht nur hochwertig, sondern auch lebendig und nutzerorientiert gestaltet werden. Und in Zusammenhang mit der Entstehung dieses neuen Stadtquartiers wird abermals deutlich, wie wichtig das Thema „Baukultur“ mit all seinen Facetten dabei ist. Deshalb ist es zu begrüßen, dass es ein verbindliches und für den Vorhabenträger verpflichtendes Gestaltungshandbuch geben soll.

In Bezug auf das Bürgerbeteiligungsverfahren gab es einige Irritationen: Werden etwa die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung umgeschrieben? Warum wurde das Protokoll zum letzten Nachbarschaftsforum solange nicht veröffentlicht? Es liegt uns mittlerweile vor.Aber diese aufgeworfenen Fragen zeigen uns, wie wichtig es ist, dass sich Stadt und Vorhabenträgerin noch einmal über die genauen Rahmenbedingungen, Inhalte und Vorgehensweisen verständigen. Und bevor es endgültige Festlegung dazu gibt, bitte koppeln Sie, Frau Baubürgermeisterin Dubrau, diese Vorab-Ergebnisse mit dem FA Stadtentwicklung und Bau rück. Gute Bürgerbeteiligung lebt von Vertrauen! Und das bisher von den Teilnehmenden entgegengebrachte Vertrauen darf jedenfalls nicht fahrlässig beschädigt werden.
Das „Experimentelle Wohnen“ wollen Stadt und Vorhabenträgerin noch weiter prüfen! Das begrüßen wir. Die Messen sind also noch nicht gänzlich gesungen bei diesem Thema. Und an dieser Stelle bringe ich dann doch noch einmal rein vorsorglich unseren Vorschlag ein, der zum Inhalt hat, dass bestimmte Grundstücksübertragungen doch bitte zum Zwecke der Konzeptvergabe im Erbbaurecht durch die Stadt erfolgen mögen, weil Konzeptvergaben im Erbbaurecht durch eine Kommune eben auch eine Bodenpreis dämpfende Wirkung zukommt.

Meine Damen und Herren, große Teile des Verwaltungsstandpunktes gehen in der NF unseres Antrages auf. In Bezug auf Sportpark und Erhaltung der Clubs werden meine Nachredner*innen sicherlich jetzt noch einmal detaillierter Stellung nehmen. Ich darf uns, den Stadtrat jedenfalls bitten, der NF des Antrages der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Die Linke zuzustimmen, damit es bei der Quartiersentwicklung Freiladebahnhof Eutritzscher Straße im Sinne der „kooperativen Baulandentwicklung“ auch künftig zielorientiert und vertrauensvoll weitergehen kann. Wer jetzt noch meint, er möge auf dem Wort „kostenfrei“ in unserem Ursprungsantrag rumtanzen zu wollen, dem sei auch gesagt, er redet am Thema letztendlich vorbei und das wäre wiederum schade, weil es doch eigentlich um die Sache gehen sollte.

Vielen Dank!

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