Rede von Tim Elschner zum gemeinsamen Antrag der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen „Veräußerungen durch das Liegenschaftsamt nach vermeintlicher Konzeptvergabe stoppen - Ratsbeschluss umsetzen!

Rede von Tim Elschner, Stadtrat und stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum gemeinsamen Antrag der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen „Veräußerungen durch das Liegenschaftsamt nach vermeintlicher Konzeptvergabe stoppen - Ratsbeschluss umsetzen!“ (Vorlage – VI-A-03235)

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Sehr geehrter Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

im September 2016 haben die Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen ihren gemeinsamen Antrag mit dem Titel „Veräußerungen durch das Liegenschaftsamt nach vermeintlicher Konzeptvergabe stoppen - Ratsbeschluss umsetzen!“ in das Verfahren eingebracht.

Was war passiert?

Mitten in den Sommerferien wurden seitens des Liegenschaftsamtes in die Liste aktueller Immobilienangebote der Stadt Leipzig fünf Grundstücke aufgenommen, die mittels „Konzeptvergabe“ veräußert werden sollen. In der Verwaltung hatte man sich im Vorfeld auf diese sogenannte „Testphase“ zur Konzeptvergabe verständigt, weil die Ausschreibung nach Konzepten für die Stadt Leipzig ein neues Veräußerungsverfahren darstellen würde.

Die Verwaltung hatte es allerdings nicht für nötig befunden, den Stadtrat in den Gremien über diese Absicht frühzeitig zu informieren und vor allem in ihre Überlegungen miteinzubeziehen. Von der Verwaltung alleine wurden die Kriterien festgelegt und die Grundstücke ausgewählt.

Deshalb müssen wir diese Vorgehensweise rügen und sie ist für uns auch nicht akzeptabel!

Denn mit dieser Vorgehensweise wird gegen die vom Stadtrat im Jahr 2015 gefassten Beschlüsse  zum Wohnungspolitisches Konzept der Stadt Leipzig und zur Aktualisierung der strategischen Liegenschaftspolitik verstoßen. Auch - und das ist besonders ärgerlich – hat die insbesondere vom Stadtrat beschlossene Betroffenen- und Interessenbeteiligung an der Erarbeitung von Sozialkriterien für die Vorbereitung von konzeptionellen Ausschreibungsverfahren für die Vergabe von städtischen Liegenschaften und Grundstücken im Vorfeld nicht stattgefunden.

Zudem mussten und müssen wir feststellen, dass es sich bei den fünf sogenannten Konzeptveräußerungen vielmehr um konditionierte Höchstpreisverfahren handelt.

Wir sind der Auffassung, dass diese vermeintlichen Konzeptveräußerungen nicht den Anforderungen des Wohnungspolitischen Konzeptes entsprechen, in dem es um eine weitgehende Beteiligungsorientierung, um kostengünstigen Wohnraum und selbst organisierte Verantwortungsübernahme geht! Kooperative Wohnformen, die in Form von gemeinschaftlichem oder genossenschaftlichem Eigentum organisiert sind, werden weder explizit noch bevorzugt berücksichtigt. Im Verwaltungsstandpunkt wird zu unserem Bedauern nicht annähernd auf unsere Kernkritik eingegangen! Unser Verdacht bleibt bestehen: mit Durchführung dieser Veräußerungen entsprechend der restriktiven Ausschreibungen soll ein Präzedenzfall geschaffen werden, der auch das weitere Verfahren bestimmen könnte.

Während unterdessen die Beratungs- und Projektplattform „Netzwerk Leipziger Freiheit“ auf Grundlage des Wohnungspolitischen Konzeptes ihre Arbeit aufgenommen hat, um kooperative Wohnformen zu stärken, ignoriert und verkennt das federführende Liegenschaftsamt, dass kooperative Wohnprojekte eine Bereicherung auch für unsere Stadt sind: sie schaffen dauerhaft bezahlbaren Wohnraum und können mehrere Generationen verbinden. Die gemeinschaftliche und nicht Rendite orientierte Bau- und Wohnkultur kann außerdem sozialer Anker in den Quartieren sein und Arbeit sowie Wohnen zusammenbringen.

Diese Wohnprojekte haben es jedoch mittlerweile schwer auf dem Leipziger Immobilienmarkt: die Grundstückspreise steigen rasant und die Gruppenprozesse erfordern genügend Zeit. Routinierte Bauträger und Investoren sind dagegen schneller und haben auch mehr Kapital.

Die Verwaltung schlägt nun vor, die Gebote für die fünf Objekte der Testphase für das Verfahren der Konzeptveräußerung der Arbeitsgruppe „Erarbeitung von Sozialkriterien“ vorzustellen. Anschließend sollen die Veräußerungsvorlagen dem Grundstücksverkehrsausschuss zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Also weitermachen, wie gehabt!

Die CDU-Fraktion findet den Vorschlag der Verwaltung konstruktiv, denn die Konzeptvergabe ist wahrlich nicht ihre Herzensangelegenheit. Und die Verwaltung warnt schon einmal vor einem Abbruch der Ausschreibungen, denn Kaufinteressenten müssten enttäuscht werden und Vertrauen in die Stadt würde beschädigt werden.

Wir meinen, dass es viele Menschen in unserer Stadt gibt, die darauf vertrauen, dass das Wohnungspolitische Konzept umgesetzt wird und die Arbeitsgruppe „Erarbeitung von Sozialkriterien“ endlich ihre Arbeit zielorientiert aufnimmt. Auch dieses Vertrauen darf und wollen die den Antrag stellenden Fraktionen nicht enttäuschen!

Wir wollen einen unbelasteten Start der Arbeitsgruppe „Erarbeitung von Sozialkriterien“ ermöglichen! Außerdem teilt die Verwaltung mit, dass eine Aufhebung der Ausschreibungen für die Stadt Leipzig ohne rechtliche Folgen bliebe.

Deshalb bleiben wir bei unserem Antrag und stellen ihn jetzt zur Abstimmung.  

In Beschlusspunkt 2. ist die dort genannten Frist aufgrund Ablauf zu korrigieren:

Es muss heißen: „Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, die Konzeptvergabe für Liegenschaften der Stadt Leipzig auf Grundlage und Einhaltung des Stadtratsbeschlusses vom 15.04.2015 (Vorlage: A-00058/14) bis zum Ende des II. Quartals 2017 umzusetzen.“

Vielen Dank!

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