Rede von Tim Elschner in der Ratsversammlung am 04. September 2019 zur Drucksache "Machbarkeitsstudie Stadtraum Salzgäßchen / Reichsstraße neu gestalten"

Foto: Fraktion
Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeister und Bürgermeisterinnen,
sehr geehrte Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

können Sie sich noch erinnern als 2010 der Oberbürgermeister einen Teil der innerstädtischen Thomaswiese zur Erweiterung des ansässigen Imbissstandes privatisieren wollte. Bis dato war es übliche Verwaltungspraxis von  Oberbürgermeister und Liegenschaftsamt außerdem, nur dem Stadtrat, nicht aber den Stadtbezirksbeiräten und
Ortschaftsräten die Möglichkeit der Beratung einzuräumen. Ob versehentlich oder weil sich niemand eigentlich gerne ein Grundstücksgeschäft zum Vorteil von wem auch immer versauen läßt, müssen auch  die Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte  nachwievor sehr wachsam sein, nämlich dahingehend, dass das ihnen zustehende Beratungsrecht nicht doch irgendwie abhanden kommt.

Meine Damen und Herren, können Sie sich erinnern, als 2012 Steigenberger eine ca. 30 qm große Fläche für seine motorisierten VIP-Gäste vor dem Haupteingang wünschte. Der Oberbürgermeister hörte jedenfalls gut zu und so brachte er auch flott das notwendige Einziehungsverfahren auf den Weg. Das Konzept der autoarmen Innenstadt interessierte ihn herzlich wenig und so lange sich die Fraktionen auch gegeneinander ausspielen lassen, ist es zu versuchen. Eine Stadtratsmehrheit für des Oberbürgermeisters doch zu großzügige Geschenk gab es nicht. An dieser Stelle soll denoch gesagt werden: auch heute kann das Illegale Parken von  Kfz vor dem Haupteingang des Hotels festgestellt werden. Mal mehr mal weniger. Das Problem: es ist nicht gelöst.

Und es gab dazu damals eine Pressemitteilung meiner Fraktion. In ihr erklärte ich als damaliges Mitglied des Stadtbezirksbeirates Mitte: "Oberbürgermeister Jung scheint es im Umgang mit dem öffentlichen Raum an Sensibilität zu fehlen".

Ja so war es und ja es ist auch heute noch so. Wenn es um Nutzungskonkurrenzen und Nachverdichtung in der wachsenden Stadt geht, dann fällt in der verwaltungsinternen Abwägung der öffentliche Freiraum und neues Grün jedenfalls immer hinten runter, als ob es keinen Umweltbürgermeister und keine Stadtplaner in der Verwaltung gibt. Wetten bis zur Wahl des Oberbürgermeisters werden Stellplätze jedenfalls nicht mehr “abgeschafft” und die Verkehrswende, die machen sowieso andere Städte. Nicht deutsche Städte jedenfalls ...

Genug nachvollziehbare und wichtige Gründe, sich für mehr Grün, mehr konsumfreie Sitzgelegenheiten, auch mehr Fahrradbügel und auch weniger Flächenversiegelung in der Innenstadt insbesondere einzusetzen. Unser Antrag war bitternötig. Die Verwaltung selbst möchte vielleicht, aber sie darf jedenfalls nicht. Und Sie alle erinnern sich dann sicherlich auch noch an das Kettensägenmassaker der Kollegin Heymann in der Bildzeitung. Fast konnte der geneigte Bild-Leser sich aufgerufen fühlen, die Fahrradbügel einfach mal so, wenn es keiner sieht, zu beseitigen. Parkbänke, wertvolle dazu und aufgestellt im Thomaskirchhof , waren ja ebenfalls urplötzlich weg.

Seit wann liegt die Machbarkeitsstudie der Verwaltung eigentlich vor? Als Grüne Fraktion haben wir immer wieder um den Sachstand nachgefragt und wurden immer wieder vertröstet, ein ums andere mal vertröstet. Und die Folge: eine “gewaschene” Kostensteigerung!? Ist es so - oder nicht? Wäre es so, dann zumidest diskussionswürdig. Zwei kleinere Schönheitsfehler hat die Studie doch: das Thema Freiraum WLP und künftige mögliche Nutzungen spielt in der Argumentation keine Rolle. Und die verschiebbaren Steine lassen ähnlich wie beim Burgplatz doch den einen oder anderen hoffen, dass dem Kfz nicht zuviel Verkehrsraum dauerhaft genommen wird.

Sehr geehrte Herr Oberbürgermeister, es ist die letzte Rede in der zu Ende gehenden Wahlperiode. Die an Hand dieser Vorlage von mir beschriebenen Probleme oder Problemfälle zeigen, dass es nicht nur niedlich Herausforderungen sind ...Vor der Kommunalwahl habe ich für mich Bilanz gezogen. War der Stadtrat als kontrollierendse aber auch gestaltendes Organ erfolgreich? War ich mit den von meiner Fraktion und mir auf den Weg gebrachten Intitiativen erfolgreich?

Sind wir als Stadt und voran der Oberbürgermeister überhaupt noch innovativ und überhaupt zu neuem Denken bereit, um nachhaltige Stadtentwicklung auch gerne mal vorausschauend mit erkennbarem Gestaltungswillen umzusetzen? Oder sind wir zu Meistern des Liegenlassens und des Verschieben, des sogar mutwilligen Verzögern und letztendlich auch beerdigen geworden. Sind wir doch tatsächlich immer noch im Glauben, dass Leipzig Leuchtturm in Ostdeutschland.
Dieser Gedanke könnte so zufrieden und satt machen, und auch das Grundsätzliche vernebeln, um das es in den nächsten Monaten bis zur Oberbürgermeisterwahl geht!

Und bei alledem eine lokale Nachrichtenlandschaft, die in der Tat sachlich sauber recheriert und aufklärt. Mir sagte doch tatsächlich einmal ein Redakteur, er dürfe über ein bestimmtes Grundstücksgeschäft nicht mehr schreiben. Von oben sei ihm dies untersagt worden, denn der künftige Eigentümer möchte seinen Namen nicht mehr in diesem
Zusammenhang lesen.

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