Rede von Tobias Peter am 12. Februar 2025 zum Antrag "Mieterlots*in einrichten – Mieter*innen schützen"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Oberbürgermeister, werte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

stellen Sie sich vor, das Haus, in dem Sie wohnen, wird verkauft und einige Wochen später beginnen ohne Ankündigung Bauarbeiten, die praktisch das Haus unbewohnbar machen. Dem langjährigen, im Stadtteil beliebten Lokal im Erdgeschoss wird der Mietvertrag gekündigt. Schließlich werden die Temperaturen kälter und Ihnen wird  das Gas abgestellt.

All das ist kein Schauerroman, keine Horrorgeschichte vom Berliner Immobilienmarkt, sondern traurige Realität in unserer Stadt. Mit dem zunehmend angespannten Wohnungsmarkt werden Mieter*innen bereits seit Jahren zunehmend mit Verdrängung, ungerechtfertigten Mieterhöhungen und insbesondere Entmietungen konfrontiert. Der Fall der Eisenbahnstraße 97, auf den ich mich hier beziehe, steht stellvertretend für eine immer dreistere Entmietungspraxis, die mit Baumaßnahmen und der Abstellung von Versorgungsmedien versucht, Mieter*innen zu verdrängen.

Nun versetzten Sie sich in die Lage, der damit konfrontierten Mieter*innen. Sie stehen unter erheblichen psychischen Druck. Sie haben hohe Anwaltskosten. Und dann stehen Sie auch noch vor dem Problem verschiedener Anlaufstellen und Zuständigkeiten in Stadtverwaltung, kommunalen Unternehmen und mietrechtlichen Beratungsstellen. Sie rennen sprichwörtlich von Pontius zu Pilatus. Sie müssen Zuständigkeiten herausfinden, werden von A nach B verwiesen. Und B widerspricht wiederum C. Es erinnert an die berühmte Formalität verwaltungstechnischer Art, die Suche nach dem Passierschein A 38, nur dass es anders als bei Asterix erobert Rom leider nicht lustig, sondern bittere, existenzielle Realität ist.

Oft ist für Mieter*innen bei Problemlagen im Mietverhältnis nicht klar, wer Ansprechperson in der Stadtverwaltung ist. Dies betrifft neben o.g. Entmietungsfällen beispielsweise auch Unklarheiten bei der Anwendung des Mietspiegels, Wohngeldfragen oder Regelungen im Sinne der Zweckentfremdungsatzung, Mietpreisbremse oder Kappungsgrenze.

Wir haben in unserer Stadt zweifellos viel Kompetenz versammelt, um Mieter und Mieter in verschiedenen Problemlagen zu helfen. Im Amt für Wohnungsbauförderung und Stadterneuerung, im Sozialamt, im Bauordnungsamt, in verschiedenen Mieterberatungen und den kommunalen Unternehmen. All das nützt aber nur wenig, wenn diese Kompetenz nicht bekannt ist und Mieter*innen nicht wissen, wer für was zuständig ist.

Das müssen wir ändern. Damit Mieter*innen schnell und kompetent mit ihrem Anliegen zur richtigen Stelle kommen, müssen wir sie sozusagen lotsen. Mit unserem Antrag fordern wir eine zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle, um die Ansprechbarkeit für Mieter*innen erhöhen und um es zu vermeiden, dass sie mit mehreren Akteur*innen in der Stadtverwaltung sprechen zu müssen (One-Stop-Prinzip).  Zudem muss im Sinne eines einheitlichen Verwaltungshandelns eine bessere Koordination zwischen Ämter und kommunalen Unternehmen erfolgen.

Wir haben in den Ausschüssen und mit der Verwaltung dazu intensiv diskutiert und sind zu einer praktikablen Lösung gekommen, die wir in unserer Neufassung formuliert haben:

Erstens: bis zum 2. Quartal 2025 soll eine zentrale Anlauffunktion (Website, Telefonnummer, E-Mail-Adresse) für Mieter*innen eingerichtet werden

Diese soll – das will ich betonen – keine neue Stelle sein, sondern im Rahmen der bestehenden Ressourcen umgesetzt werden. Es soll der Zugang und der Verweis zu den bestehenden Information- und Beratungsangeboten sowie zuständigen Behörden und kommunalen Unternehmen erleichtert werden.

Zweitens: Informationen zu eben dieser Anlauffunktion sowie zu grundlegenden für Mieter*innen relevanten Dienstleistungen, Regelungen und Rechten sollen in den Bürgerbüros, insbesondere bei An- und Ummeldungen des Wohnsitzes ausgegeben werden.

Damit kann es uns gelingen, flexibel im Rahmen der geplanten Wohnportal-Strukturen die bereits bestehenden Beratungsressourcen der Stadtverwaltung, insbesondere des Sozialamtes zu nutzen. Damit kann neben der unmittelbaren Anlaufberatung auch der Verweis auf bestehende Informations- und Beratungsangebote innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung gewährleistet werden. Anliegen, die z.B. dem Bauordnungsamt zuzuordnen sind, können und sollen direkt an dieses weitergeleitet werden. Damit straffen wir insgesamt auch die Abläufe in der Verwaltung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich danke für die konstruktiven Diskussion in den Ausschüssen und die positiven Signale der Verwaltung. Lassen Sie uns einen weiteren Schritt machen, um unsere Verwaltung bürgernäher zu gestalten und Mieterinnen und Mieter ganz konkret zu unterstützen. Stimmen Sie unserem Antrag in der Neufassung zu.

Vielen Dank!

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