Rede von Tobias Peter am 13. Oktober zum Antrag „ Leipzig wird Zero Waste City“

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

Abfallvermeidung, Wiederverwendung, Wiederverwertung und Reparatur geht vor einer sonstigen Verwertung wie Verbrennung und Beseitigung. So das Gebot der gängigen Abfallpyramide.

Leider wird diese Zielsetzung in der Realität nicht eingelöst. In den Jahrzehnten seit 1950 wurden weltweit 8,3 Mrd. Tonnen Plastik erzeugt, mehr als eine Tonne für jeden jetzt lebenden Menschen. Geht es mit steigender Tendenz so weiter, werden bis 2050 52,5 Gigatonnen Kohlendioxid freigesetzt – das entspricht 10 – 15% der der CO2-Menge, die wir zur Einhaltung des 1,5 Grad Ziel einwenden.

Gerade mal 16% der Plastikabfälle werden zu Rezyklat wiederverwertet, der Rest landet in Deponien, Müllverbrennungsanlagen und im ungünstigsten Fall in unserer Natur.

Die EU-Plastikstrategie sieht vor, dass bis 2030 alle Verpackungen vollständig recycelbar sein müssen. Und Kreislaufwirtschaftsstrategie der EU sieht den Übergang zu einer Circular Economy vor. Das zeigt, das Problem ist längst erkannt, aber noch lange nicht gebannt.

Leipzig leistet mit verschiedenen Maßnahmen bereits jetzt einen wertvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit, der Ressourceneinsparung und zum Klimaschutz, die vielfach von unserer Fraktion angestoßen wurden:

  • Fachberatungen, Informationsangebote, Online-Verschenkemarkt der Stadtreinigung Leipzig
  • Projekt Recycling2Go, der Einsatz von Einwegbechern in der Gastronomie erfolgreich gesenkt hat
  • Eine Studie zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung ist in Arbeit
  • Der Verein Hardware for Future zur Reparatur und Wiederverwendung von Hardware
  • Ebenso gibt es ein Reparatur-Café und Unverpackt-Läden.

Dies sind alles bereits vielversprechende Ansätze auf städtischer, privater und zivilgesellschaftlicher Ebene

Aber es ersetzt natürlich keine Strategie, die ganzheitlich und im Alltag aller Leipziger/innen ansetzt. Es braucht umfassendes Kreislaufwirtschaftskonzept, um über einzelne Ansätze hinaus zu durchgreifenden Veränderungen zu kommen.

Denn Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist mehr als Abfallwirtschaft

 

Mit dem Konzept Zero Waste wird das Umsteuern hin zu einer nachhaltigen und ressourcensparenden Wirtschaftsweise angestrebt.

 

Zero Waste zielt darauf ab, alle Ressourcen zu schonen und zurückzugewinnen, statt sie zu verbrennen oder zu deponieren

Also: Verpackungen möglichst vermeiden, reparieren statt wegwerfen, wiederverwerten statt deponieren

 

Diese grundsätzlich andere Form des Wirtschaftens nützt nicht nur Umwelt und Klima. Sie kann auch dazu beitragen, neue wirtschaftliche Wertschöpfung hier vor Ort zu schaffen. Folgt man den Berechnungen der EU, können bis 2030 allein in Leipzig bis zu 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze und 100 Mio. Euro zusätzliche Wertschöpfung in diesem Bereich entstehen, z.B. in den Bereichen Produktdesign, Reparatur oder Mehrwegsysteme

 

Und dieser Paradigmenwechsel kann nur gelingen, wenn die Kommunen, Städte wie Leipzig, entschlossen vorgehen. Diesem Ziel dient die Organisation „Zero Waste Europe“, in der sich schon einige europäische Städte organisiert haben und die von der EU gefördert wird

 

Seit sich Capannori, Italien, 2007 als erste Gemeinde in Europa zur Zero Waste City erklärt hat, haben fast 400 europäische Gemeinden beschlossen, dem Beispiel zu folgen

 

Und sie konnten großartige Ergebnisse erzielten. In Ljubljana, Hauptstadt von Slowenien, konnten die zur Entsorgung gebrachten Abfälle um 59 % reduziert werden.

 

Einige dieser Gemeinden, wie Treviso, Italien, wurden sogar zu „Best Practice Cities“, da sie weniger als 75 kg Restmüll pro Kopf und Jahr produzieren, zum Vergleich: in Leipzig liegt der Wert bei 139 kg. Dieses Netzwerk ermöglicht es, von diesen Beispielen zu lernen, in Austausch und Information zu kommen.

 

Zum anderen ist es aber ein echtes Gütesiegel. Denn auf dem Weg zur Mitgliedschaft ist ein Zertifizierungsprozess zu durchlaufen, bei dem die Entwicklung und schließlich Umsetzung eines entsprechenden Zero Waste Konzepts nachgewiesen werden muss.

 

Die inhaltlichen Eckpunkte sowie Meilensteine auf dem Weg zur Mitgliedschaft sind nicht nur von Verwaltung oder Eigenbetrieb, sondern zusammen mit den in diesem Bereich aktiven Vereinen und Institutionen zu erarbeiten – nur so kann auch gesellschaftliche Akzeptanz und umfassende Wirkung erzielt werden

 

Leipzig erfüllt bereits einige Voraussetzungen des Zero Waste Cities Netzwerkes und sollte sich zum Schutz unserer Ressourcen das Ziel setzen, in absehbarer Zukunft nicht nur Müll zu reduzieren, sondern möglichst gar keinen Müll zu produzieren

Wie im Verwaltungsstandpunkt ausgeführt, arbeitet die Stadtreinigung an einem Zero Waste Konzept und es freut uns, dass die Verwaltung unserem Anliegen zustimmt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit einem Beitritt zum Netzwerk Zero Waste Cities hat Leipzig die Chance, in Deutschland nach Kiel und München eine Vorreiterrolle als „Circular City“ einzunehmen.

Lassen Sie uns heute einen wichtigen Schritt für Leipzig als Circular City machen, stimmen sie unserem Antrag im Sinne des VSP zu.

 

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