Rede von Tobias Peter am 13. Oktober zum Antrag „ Stadtquartier Rosa-Luxemburg-Straße“

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

 

in der vergangenen Dekade hat Leipzig eine atemberaubende Entwicklung genommen, die das Bild unserer Stadt neu geprägt hat. Diese Entwicklung ist mit einer richtigen Grundsatzentscheidung der integrierten Stadtentwicklung verbunden: dem Prinzip der doppelten Innenentwicklung. Mit dem Bevölkerungswachstum ist unsere Stadt nach innen gewachsen, wurden leerstehende Gebäude saniert, Baulücken geschlossen und innenstadtnahe Brachflächen revitalisiert – und zugleich Grünräume erhalten und geschaffen. Mit dieser grundsätzlich richtigen Entwicklung wurden jedoch auch schmerzhafte Fehlentscheidungen offenbar. In den großen zusammenhängenden städtebaulichen Entwicklungsgebieten wie dem Bayerischen Bahnhof und dem Freiladebahnhof Eutritzsch führt nicht die Stadt, sondern führen private Investoren die Regie. Gleichwohl die Möglichkeit bestand, hat es die Stadt versäumt, Grundstücke z.B. über Vorkaufsrechte rechtzeitig zu sichern bzw. nicht zu verkaufen. Damit wurden Chancen vertan, direkt als Kommune die Entwicklung zu steuern.

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir dazu beitragen, dass wir als Stadt bewusst aus diesen Fehlern lernen. Unsere Fraktion tritt für eine gemeinwohlorientierte Quartiersentwicklung ein, die der Kommune die entscheidende Rolle bei der städtebaulichen Entwicklung zuweist. Östlich des Hauptbahnhofs, zwischen List-Platz und Torgauer Platz erstreckt sich entlang der Rosa-Luxemburg-Straße das letzte noch nicht entwickelte Gebiet in Innenstadtnähe. Wer einmal die Brache rund um den Freiladebahnhof Ost vor Ort erlebt hat, spürt das enorme städtebauliche Potential dieses Gebiets. Hier kann ein neues urbanes, vielfältiges, lebendiges und nutzungsgemischtes Stadtquartier im Sinne der nutzungsgemischten Stadt der kurzen Wege entstehen. Vorhandene gewerbliche Angebote und Einzelgebäude, die sich behutsam weiterentwickeln und in ein neues Quartier integrieren lassen, gilt es zu sichern. Für Gemeinbedarfseinrichtungen besteht ebenso Potential wie für Wohnen. Wir können uns hier ein bezahlbares und vielfältiges Wohnungsangebot, insbesondere im geförderten Wohnungsbau vorstellen. Neue Grünräume können entstehen, die den Parkbogen Ost nicht nur anbinden, sondern einen wertvollen Lückenschluss in Richtung Hauptbahnhof bilden können. Unstrittig ist – auch bei der Verwaltung – dass wir hier eine geordnete und strategisch gesteuerte städtebaulichen Entwicklung zur Umsetzung der städtischen Interessenlagen brauchen. Das im Verwaltungsstandpunkt dargestellte bisherige und bereits geplante Handeln zeigt, dass bereits punktuell mit B-Plänen gearbeitet wurde, jedoch ein Gesamtansatz fehlt.

Der vom VSP vorgeschlagene detaillierte Sachstandsbericht über die bereits laufenden oder in Vorbereitung befindlichen Aktivitäten der Stadtverwaltung ist notwendig und richtig, aber keineswegs hinreichend. Vielmehr sind Bestandsaufnahme und die Entwicklung strategischer Handlungsansätze notwendiger Bestandteil des B-Plan-Prozesses. Wir können keineswegs bis Ende 2022 warten, sondern wir müssen zügig und proaktiv handeln, um das Gebiet zu sichern und die Entwicklung anzustoßen.

 

  • Um die Potentiale des Gebiets zu erschließen, wollen wir zügig einen Aufstellungsbeschluss für einen oder mehrere Bebauungspläne herbeiführen. Wir können uns dabei mehrere Optionen vorstellen. Für einen Bebauungsplan für das Gesamtareal spricht, dass dadurch die Bezüge und Verbindungen zwischen dem Freiladebahnhof Ost, dem Gebiet um den Neustädter Markt und dem Stadtteilpark Volkmarsdorf bewusst herausgearbeitet werden können. Ein insbesondere für die Vollendung der Nord-Spange des Parkbogen Ost attraktives Grünband kann so im Bebauungsplan abgesichert werden. Zugleich könnte den Eigenheiten der einzelnen Bestandteile des Gebiets über Teilbebauungspläne in den vom VSP genannten Gebieten entsprochen werden. Ebenfalls denkbar ist die Aufstellung eigenständiger Bebauungspläne, die in einem stadtbaulichen Rahmenplan verbunden werden. In diesem Sinne nehmen wir gern die Anregung der CDU-Fraktion auf. Zudem würden wir hiermit aufnehmen, dass in der B-Plan- Erarbeitung die „Einbindung des Parkbogenendes sowie die Sicherung und Entwicklung innerstädtischer Gewerbeflächen eine deutliche Berücksichtigung“ findet.

 

  • beauftragen wir die Verwaltung, nach Herbeiführung eines Aufstellungsbeschlusses für einen Bebauungsplan umgehend vorbereitende Untersuchungen gem. §§ 165 ff BauGB für die Einleitung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme durchzuführen. Die Stadtverwaltung hat hier eine gewisse Skepsis im VSP anklingen lassen und auch wir haben hier noch einmal überlegt. Ja, wir beantragen hier bewusst, eines, wenn nicht das schärfste Schwert des BauGB zu ziehen. Letztlich sind wir aber sehr wohl der Meinung, dass hier Voraussetzungen vorliegen, zumindest vorbereitende Untersuchungen durchzuführen. Schließlich rechtfertigt „das Wohl der Allgemeinheit“ dann eine „städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“, wenn damit insbesondere ein „erhöhter Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten, zur Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen oder zur Wiedernutzung brachliegender Flächen“ gedeckt werden kann. Inwiefern sich im Zuge der Untersuchungen und im Lichte der Ziele des B-Plans dann tatsächlich erweist, dass Eigentümer in die Pflicht genommen werden müssen oder doch andere Instrumente wie der städtebauliche Vertrag greifen, muss sich erweisen – aber wir wollen zumindest erste, vorbereitende Schritte dafür veranlassen.
  • Schließlich beauftragen wir die Verwaltung, umgehend, d.h. in einem Zug mit der Aufstellung des B-Plans einen Satzungsbeschluss über ein besonderes Vorkaufsrecht sowie eine Veränderungssperre herbeizuführen. Damit sichern wir uns den Zugriff auf das Gebiet und auf Grundstücke im Falle des Verkaufsfalles und bauliche Veränderungen, die unseren Zielsetzungen entgegenstehen. Diese Veränderungssperre würde 2 Jahre gelten und wäre ggf. verlängerbar, wir gehen aber davon aus, dass ein Satzungsbeschluss innerhalb von 2 Jahren machbar ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns die Potentiale des Gebiets zwischen List-Platz und Torgauer Platz für eine gemeinwohlorientierte Quartiersentwicklung heben. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag im Sinne der Neufassung.

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