Rede von Tobias Peter am 18. November 2021 zum Antrag "Zusammenhalt und Sicherheit im Leipziger Osten stärken - Pilotprojekt für sozialraumorientierte Präventions- und Polizeiarbeit"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

an dieser Stelle haben wir bereits einige Male in den letzten Jahren über die Waffenverbotszone diskutiert und klar unsere Ablehnung zum Ausdruck gebracht. Es ist sicher unnötig, diese Debatte und die Argumente hier nachzuzeichnen.

Am 9. Juni dieses Jahres wurde eine Evaluation der Waffenverbotszone in der Eisenbahnstraße vorgelegt, die diesem Instrument ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt hat. Die von uns im Stadtrat durchgesetzte Befragung von Anwohner*innen und Akteur*innen zeigte ein eindeutiges Ergebnis. Die Waffenverbotszone wird mehrheitlich als nutzlos und stigmatisierend wahrgenommen. Zugleich sieht ein erheblicher Teil der Bevölkerung das Sicherheitsgefühl beeinträchtigt. Konflikte, Lärm und Abfall im öffentlichen Raum werden mehrheitlich als Problem wahrgenommen, dem sich die Politik stellen muss.

Unsere Fraktion hat deshalb nach Auswertung der Evaluation in dem vorliegenden Antrag eine grundsätzliche Neuausrichtung formuliert, die anstelle der gescheiterten Repressionsstrategie auf eine Präventions- und Polizeiarbeit setzt, die sich am Sozialraum orientiert. Das heißt, wir müssen nicht nur auf die Symptome, sondern die vielfältigen sozialen Ursachen von Problemen abstellen und bei den sozialen Beziehungen vor Ort ansetzen. Dieser Ansatz fällt nicht vom Himmel, sondern entspricht der Position vieler Akteure vor Ort – bereits bei Einführung der Waffenverbotszone. Ebenso haben wir uns die einzelnen Punkte des umfassenden Maßnahmenkatalogs nicht am grünen Tisch ausgedacht, sondern in den letzten Jahren und Monaten intensiv mit Bürgern, Vereinen, Initiativen und Polizei diskutiert.
Unser gemeinsames Ziel ist ein Gesamtkonzept wirksamer und bürgerfreundlicher Maßnahmen, dass der Komplexität vor Ort entspricht.

Es geht darum, den Zusammenhalt und das Sicherheitsgefühl vor Ort zu stärken. Anwohner*innen sollen sich ernst genommen und nicht unnötig kriminalisiert fühlen.
An einer solchen Strategie arbeitet nunmehr eine Arbeitsgruppe des Kommunalen Präventionsrates (KPR) und das ist richtig so. Für deren Arbeit ist es wichtig, dass wir uns hier als Stadtrat positionieren, welche Richtung künftig eingeschlagen werden soll.

Ich will die Maßnahmen im Einzelnen nicht noch einmal beschreiben, sondern die wesentlichen Punkte herausheben:

1. Wir müssen stärker auf Prävention setzen:

a. soziokulturelle Angebote,
b. verstärkte gewaltpräventive Jugendarbeit insbesondere für gefährdete Kinder und Jugendliche und
c. eine Drogenhilfe, die Betroffenen hilft, statt sie zu kriminalisieren

Die meisten dieser Angebote gibt es bereits – wir müssen sie bedarfsgerecht ausstatten und aufeinander abstimmen

2. Die Polizeiarbeit im Viertel muss neu gedacht werden. Deswegen

- eine bürgernahe, erreichbare und z.B. als Fußstreife wahrnehmbare Polizei, die einen vertrauensvollen und respektvollen Umgang mit den Bürger*innen pflegt statt wie bisher Mannschaftswagen, die durch Viertel fahren
- den Verteilungsschlüssel von Bürgerpolizist*innen zu Einwohner*in auf 1:10.000 absenken
- Wirksame Maßnahmen gegen Organisierte Kriminalität, insbesondere aktivere Rolle der Stadt bei der Kontrolle von Glücksspiel und Geldwäscheprävention

3. Neue Ansätze

- Akteure im Sozialraum, insbesondere Polizei und Ordnungsamt müssen Fachkräfte mit Migrationsgeschichte, mit mehrsprachigen und interkulturellen Kompetenzen gewinnen
- Darüber hinaus regen wir ehrenamtliche Respekts-Lotsen an, die im öffentlichen Raum aktiv werden, wo es zu Spannungen zwischen verschiedenen Gruppen kommt – dies wurde bereits in Stuttgart erprobt

4. Öffentlicher Raum

- Verwahrlosung im Verhalten beginnt mit der Verwahrlosung des Umfelds, insbesondere des öffentlichen Raums
- Wer sich im Leipziger Osten bewegt, stellt fest, dass es hier großen Bedarf, den Müll von der Straße zu bekommen
- Auch die Errichtung öffentlicher WCs und geeignete Maßnahmen städtebaulicher Kriminalprävention sind sinnvoll

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wir erwarten dann bis zum 4. Quartal eine entsprechende Informationsvorlage und eine Umsetzung der o.g. Maßnahmen ab dem 1. Januar 2022
Und wir erwarten mit einer nochmaligen Aufforderung, dass der OBM gegenüber dem Freistaat auf eine umgehende Aufhebung der Waffenverbotszone

Wir stimmen hiermit die Neufassung ab, freuen uns, dass die Verwaltung dieser Fassung zustimmt und bitten um Ihre Zustimmung - vielen Dank!

 

Hier gehts zum Antrag und dem Ratsbeschluss

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