Rede von Tobias Peter am 18. November zum Antrag "Holzbauoffensive für nachhaltiges Bauen in Leipzig – Nachhaltige Baustoffe verstärkt einsetzen"

Foto: Martin Jehnichen

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

seit der Mensch baut, baut er mit Holz. In dem Maß, in dem Holz als Baustoff vor allem durch Stahl und Beton verdrängt wurde, haben auch die Treibhausgasemissionen zugenommen. Mittlerweile macht der Bau- und Gebäudesektor 38% der globalen CO2-Emissionen aus, mit steigender Tendenz. Bis 2030 müssen die damit verbundenen derzeit knapp 10 Gigatonnen weltweit halbiert werden – eine der größten Herausforderungen dieses Jahrzehnts. Während wir beim Betrieb, v.a. Energieverbrauch von Gebäuden auf dem Weg sind, Stichwort Wärmewende - ist dies bei der Errichtung von Gebäuden völlig anders. Nach wie vor wird der Großteil der neuen Gebäude und auch Sanierungen klassisch mit CO2-intensiven Beton und Stahl gebaut. Auf jedem Quadratmeter eines konventionellen Gebäudes lastet ein Fußabdruck von einer halben Tonne CO2.

Klar ist: mit der bisherigen Art und Weise des Bauens können wir nicht mehr weiter machen. Rhetorisch nachhaltige Bauweisen zu begrüßen, aber letztlich die Hände zu heben, wenn es konkret wird, diesen Geist atmet leider der VSP, dessen Mutlosigkeit wir nicht nachvollziehen können. Wir müssen perspektivisch zu einer Dekarbonisierung des Bausektors kommen, müssen deshalb grundsätzlich anders bauen als bisher – und dazu müssen wir jetzt handeln. Wir müssen jetzt auf ein kreislauffähiges und ressourcenschonendes Bauen setzen. Dazu gehört zum einen die Nutzung der Grauen Energie von bereits bestehenden Gebäuden, also Sanierung statt Abriss. Dazu gehören die Wiederverwendung von Baustoffen und Cradle to Cradle-Konzepte. Und wir müssen vor allem auf nachwachsende und ökologische Baustoffe setzen. Im Gegensatz zur Produktion von Zement oder Stahl binden Holz und andere nachwachsende Rohstoffe CO2, sie sind dauerhafte Kohlenstoffsenken. Deshalb können wir mit dem Einsatz von Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen den eben erwähnten Fußabdruck von einer halben Tonne CO2 je Quadratmeter um bis zu 75% reduzieren.

Neben der positiven Klimawirkung treten andere Vorteile hinzu. Nachwachsende Rohstoffe wie Holz weisen ein positives Raumklima auf. Systembauweisen mit hoher Vorfertigung ermöglichen mittlerweile eine ungleich schnellere Bauzeit als bei konventionellen Bauten. Und Holzbau ist längst auch geeignet für mehrgeschossige Häuser – z.B. das preisgekrönte Holzhaus in Lindenau - bis hin zu Hochhäusern oder Funktionsbauten wie Schulen, z.B. der Schule am Barnet-Licht-Platz, die Dorothee Dubrau auf den Weg gebracht hat.

Trotz dieser vielen guten Argumente und Beispiele, trotz allem ist der Holzbau immer noch in der Nische und bauen wir – auch und gerade als Kommune – ganz überwiegend konventionell und damit klimaschädlich. Das wollen wir mit der hier beantragten Offensive für das Bauen mit Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen ändern.

  1. Wir wollen Pilotprojekte in unterschiedlichsten Anwendungsgebieten auf den Weg bringen, um auf breiter Basis Erfahrungen zu sammeln und die Möglichkeiten der Holzbauweise sichtbar zu machen. Dabei sind sowohl einzelne Gebäude, z.B. Funktionsgebäude oder seriellen Wohnungsbau durch die LWB als auch die Entwicklung ganzer Baugebiete durch die LESG denkbar. Pilotprojekte heißt für uns dabei: die entsprechenden Projekte sollen intensiv begleitet werden, um mit den gewonnenen Erkenntnissen insbesondere hinsichtlich Planung und Genehmigung letztlich das nachhaltige Bauen von der Ausnahme zur Regel zu machen. Das heißt in Bezug auf die Entwicklung von Quartieren auch, wie in München oder Köln das Instrumentarium von B-Plänen, städtebaulichen Verträgen und Gestaltungssatzungen zu nutzen, um z.B. einen bestimmten Prozentsatz für Holzbau vorzusehen.
  2. Wollen wir in diesem Sinne auch das Instrument der Konzeptvergabe von Grundstücken nutzen, das bisher nur an Kriterien des kooperativen Bauens und Sozialwohnungsbaus geknüpft ist. Das Verfahren der Konzeptvergabe soll so weiterentwickelt werden, dass die Vergabe vorrangig und perspektivisch grundsätzlich an das Bauen mit Holz gebunden werden kann.
  3. Wir wollen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden, insbesondere was die Zulässigkeit in Brandschutz und bei Sonderbauten angeht. Die Sächsische Bauordnung wird hierzu gerade novelliert, die Bauordnung in Baden-Württemberg setzt hier allerdings die Maßstäbe.
  4. Sollen weitere Anreize mit einer gezielten kommunalen Förderung wie in München oder Freiburg i. Br. gesetzt werden. Denn noch ist das Bauen mit Holz und nachwachsenden Rohstoffen aufgrund seiner geringen Verbreitung teuer als mit konventionellen Baustoffen. Eine zeitlich begrenzte Förderung kann diesen Nachteil ausgleichen. Eine solche Förderung muss auf die Förderkulisse in Bund und Land abgestimmt werden, die wir in der Neufassung ebenfalls einfordern.
  5. All diese Maßnahmen nützen nicht nur dem Klima, sie nützen uns auch ökonomisch. Denn die Dekarbonisierung wird zu einem umfassenden Strukturwandel der Bauwirtschaft führen. Deshalb ist uns in der Neufassung der Aufbau und die Stärkung einer regionalen Wertschöpfungskette für Produktion und Einsatz nachwachsender Rohstoffe im Bausektor so wichtig. Denn es nützt uns weder ökonomisch noch ökologisch, wenn die Planer, das Holz und die Systemkomponenten z.B. aus Österreich kommen. Wir müssen im Rahmen der Wirtschaftsförderung alles dafür tun, dass die Holzbaukompetenz aus den Planungsbüros und Fachkräften vor Ort kommt – in diesem Sinne danken wir ausdrücklich dem Änderungsantrag der SPD, den wir gern übernehmen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Systemelemente hier in der Region gefertigt werden. Und wir müssen vor allem dafür sorgen, dass das Holz hier aus der Region kommt und nicht durch halb Europa gekarrt wird. In Verbindung einer Direktvermarktung des Rohholzes mit langfristig angelegten Lieferverträgen schützt dies übrigens vor Preisüberhitzungen und sichert den Waldbauern ein faires Einkommen.

Erst eine Minimierung von Transportwegen und eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft machen den Einsatz nachhaltiger Baustoffe wirklich klimafreundlich und ökologisch. Der Rohstoff Holz steht dabei in ausreichender Menge zur Verfügung. Ca. 1/3 des deutschen Rohholzaufkommens würden benötigt, um alle Hochbauvorhaben in Holz zu realisieren. Auch und gerade bei der so wichtigen nachhaltigen und naturnahen Bewirtschaftung wird es entscheidend sein, das anfallende Rohholz wesentlich stärker für langlebige Nutzungen, eben im Bau zu verwenden und nicht für kurzlebige Produkte wie Papier, Verpackungen oder gar Verbrennung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

lassen Sie uns heute mit einer Holzbauoffensive einen wichtigen Schritt in Richtung klimafreundlicher und zukunftsweisender Stadtentwicklung gehen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung, vielen Dank!

 

Hier gehts zum Antrag und zum Ratsbeschluss

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