Redebeitrag von Tim Elschner zum Antrag "Einführung der Ortschaftsverfassung für das gesamte Stadtgebite Leipzig" (Die Linke)

Rede von Tim Elschner, Stadtrat und verwaltungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Antrag „Einführung der Ortschaftsverfassung für das gesamte Stadtgebiet Leipzig“ der Fraktion Die Linke (Vorlage - VI-A-01220)

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Sehr geehrter Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

seit 1996 gibt es die 10 Stadtbezirksbeiräte. Seit 1997 bestehen hinsichtlich der Eingemeindungen 14 Ortschaftsräte.

Seitdem haben wir Grüne uns mit zahlreichen Initiativen im Stadtrat immer wieder dafür eingesetzt, dass die Stadtbezirksbeiräte nicht nur eine deutliche Aufwertung erfahren, sondern auch ihre Rechte umfassend erweitert werden.

In der letzten Wahlperiode konnte insbesondere mit einem Antrags- und Rederecht zu sogenannten „wichtigen Angelegenheiten“ zumindest eine weitere wesentliche Stärkung der Stadtbezirksbeiräte erreicht werden. Wir erinnern uns noch: anfänglich hielt die Verwaltung dieses Ansinnen für nicht umsetzbar! Doch die Verwaltung hat sich am Ende dann doch noch bewegt!

Aufgrund der allerdings auch weiterhin bestehenden unterschiedlich weitgehenden Kompetenzen und Gestaltungsmöglichkeiten von Stadtbezirksbeiräten und Ortschaftsräten und im Zuge der Gleichbehandlung aller Leipziger halten wir Grüne das Fortbestehen beider Verfassungen nebeneinander für problematisch!

Wir sind, das wird Sie nicht wirklich wundern, weiterhin der Auffassung, dass der Einführung der Ortschaftsverfassung auf Stadtbezirksebene aus Gründen der unmittelbaren Demokratie der Vorzug zu geben. Denn während die Mitglieder eines Stadtbezirksbeirates von den Parteien/Wählervereinigungen, die im Stadtrat mit Fraktionsgröße vertreten, besetzt werden, werden Ortschaftsräte von den wahlberechtigten Bürgern direkt gewählt.

Außerdem obliegt die Leitung der Stadtbezirksbeiräte dem Oberbürgermeister, der dafür Mitarbeiter der Verwaltung benennt. Der Vorsitzende - also: der Ortsvorsteher -  wird dagegen vom Ortschaftsrat  direkt gewählt. Interessant hierbei ist, dass auch ein Nichtmitglied des Ortschaftsrates, beispielsweise eine im Ortsteil bekannte Persönlichkeit, Ortsvorsteher werden kann.

Die Einführung der Ortschaftsverfassung auf das gesamte Stadtgebiet ist rechtlich außerdem möglich. Das ist mittlerweile unstrittig. Und die Landeshauptstadt Dresden macht es uns gerade vor. Kein leichter Weg, aber möglich!

Deshalb wird die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen heute auch dem Antrag der Fraktion Die Linke zustimmen.

Einige Anmerkungen zum Verwaltungsstandpunkt:

Die Verwaltung schlägt vor, bis zum Ende des Jahres 2017 in Abstimmung mit verschiedenen Stadtteilakteuren und dem Stadtrat ergebnisoffen prüfen, ob die bestehenden Strukturen für die nächste Wahlperiode 2019 bis 2024 anzupassen sind.

Grundsätzlich ist es natürlich immer zu begrüßen, wenn sich eine Stadtverwaltung für Diskussionen zur „Stärkung der lokalen Demokratie und der lokalen Verwaltung“ offen zeigt. Letztendlich zählt aber auch hier das Ergebnis!

Allerdings lässt die Begründung im Verwaltungsstandpunkt leider gerade eine ergebnisoffene und sachliche Diskussion zur Einführung der Ortschaftsverfassung auf Stadtbezirksebene eben nicht zu! Debattenbeiträge, die eine Abschaffung der bestehenden Ortschaftsräte befürchten, zeigen dies deutlich!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte, es wäre in diesem Zusammenhang ein Glanzstück der Verwaltung gewesen, wenn diese an den Stadtrat, an die Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte und nicht zu vergessen an die Stadtgesellschaft mit einem Verwaltungsstandpunkt diesmal herangetreten wäre, der sich intensiv mit dem Geflecht an Fragen und Herausforderungen, die sich in Zusammenhang mit einer Einführung der Ortschaftsverfassung für das gesamte Stadtgebiet Leipzig ergeben, konstruktiv auseinandergesetzt und Vorschläge bzw. einen ersten tragfähigen Konzeptentwurf dahingehend unterbreitet hätte.

Leider ist sie dem zwanzig Monate nach Antragstellung nicht nachgekommen! Wir sind enttäuscht, denn genügt Zeit war!

Insofern wird auch dieser Verwaltungsstandpunkt wieder einmal gerade dem Anliegen „Ausdehnung der Ortschaftsverfassung auf das gesamte Stadtgebiet Leipzig“ in keinster Weise gerecht. Die gut klingenden Worte der Verwaltung: leider nichts weiter als ein Placebo!

Trotz alledem werden auch wir Grüne uns weiterhin für eine umfassende „Stärkung der lokalen Demokratie und der lokalen Verwaltung“ einsetzen und unsere Vorschläge weiter dazu einbringen!

Vielen Dank!

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