Schnellere Hilfe bei häuslicher Gewalt und Stalking: Kommunale Interventions- und Koordinierungsstelle (KIS) nimmt ab Februar ihre Arbeit auf
Die Zahl der Femizide ist in den vergangenen Jahren auf ein Rekordhoch gestiegen: Fast täglich tötet ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin. Dem dringenden Bedarf an mehr Hilfestrukturen setzt Leipzig etwas entgegen: Zum Februar 2025 nimmt die kommunale Interventions- und Koordinierungsstelle (KIS) zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Stalking in Leipzig ihre Arbeit auf. Diese in Sachsen bislang einzigartige Einrichtung wird vom Freistaat gefördert und ist beim Gesundheitsamt Leipzig angesiedelt. Ziel ist es, Betroffene von häuslicher Gewalt und Stalking psychosozial zu betreuen und gemeinsam mit ihnen individuelle Schutzmöglichkeiten zu erarbeiten. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen der Polizeidirektion Leipzig und der Stadtverwaltung wird es künftig möglich sein, schneller auf Gewaltvorfälle zu reagieren und gezieltere Hilfsangebote bereitzustellen. Neben der Kooperation mit der Polizei wird die kommunale KIS eng mit bestehenden Beratungsstellen, Frauenhäusern, der Justiz sowie mit sozialen und medizinischen Einrichtungen zusammenarbeiten. Ziel ist es, ein nahtloses und effektives Hilfesystem zu schaffen, das Betroffenen einen schnellen und niedrigschwelligen Zugang zu Unterstützung ermöglicht.
Die Einrichtung der kommunalen KIS ist das Ergebnis eines gemeinsamen Antrags der Fraktionen BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und der SPD-Fraktion (VII-A-09090-NF-02), der im Stadtrat im Dezember 2023 beschlossen wurde. Damit setzt Leipzig ein klares Zeichen für die Umsetzung der Istanbul-Konvention und die städtische Verantwortung im Bereich Gewaltschutz.
Häusliche Gewalt und Stalking nehmen drastisch zu
Die Notwendigkeit für diese Maßnahme liegt auf der Hand: Fälle von häuslicher Gewalt steigen seit Jahren alarmierend an. Laut dem Lagebild des Landeskriminalamts Sachsen gab es in Leipzig 2019 noch 1.520 gemeldete Fälle von häuslicher Gewalt, 2023 waren es bereits 2.028 – ein Anstieg von 33 Prozent! Die Dunkelziffer liegt nach polizeilicher Einschätzung weitaus höher, da Fälle von sexualisierter oder häuslicher Gewalt häufig nicht zur Anzeige gebracht werden.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt sich seit Langem für einen umfassenden und strukturell verankerten Gewaltschutz ein. Leipzig verfügt über ein engagiertes Netzwerk aus Vereinen und Ehrenamtlichen, die in der Prävention, im Opferschutz und in der rechtlichen Beratung tätig sind. Doch diese Strukturen sind seit Jahren chronisch überlastet. Mit der kommunalen KIS übernimmt die Stadt nun endlich mehr Verantwortung und leistet einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung Betroffener – in den allermeisten Fällen Frauen und Kinder.
Gewalthilfegesetz: Verlässliche Finanzierung notwendig
Am vergangenen Freitag hat der Bundestag außerdem das Gewalthilfegesetz beschlossen – ein Meilenstein. Erstmals wird damit bundesgesetzlich sichergestellt, dass gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder einen kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. Das Gesetz konkretisiert staatliche Schutzpflichten aus dem Grundgesetz und Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention. Für den Ausbau und die nachhaltige Finanzierung der Hilfestrukturen stellt der Bund zwischen 2027 und 2036 zusätzliche 2,6 Milliarden Euro bereit.

Dazu Marsha Richarz, Sprecherin der Fraktion für Gleichstellung:
"Wir brauchen langfristig gesicherte kommunale Strukturen, um Frauen und Kinder effektiv vor Gewalt zu schützen. Die kommunale KIS ist ein wichtiger erster Schritt, aber wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass Hilfsangebote kontinuierlich ausgebaut und bedarfsgerecht finanziert werden, auch jetzt im Doppelhaushalt 2025/26, damit eine nachhaltige Struktur nicht erst ab 2027 aufgebaut wird. Mit der Bekämpfung von patriarchaler Gewalt kann nicht früh genug begonnen werden!“