Stellungnahme zum Feinkonzept der Landwirtschaft im Stadtgebiet Leipzig

Leipzig, den 17.12.2021

Gesamteinschätzung:

Im Feinkonzept zur Landwirtschaft im Stadtgebiet Leipzig sind viele Kriterien aufgenommen, die dem Anliegen unsere Anträge VI-A-07003 bis VI-A-07009 entsprechen. So begrüßen wir die grundsätzliche Bevorzugung von Ökolandbau, die verpflichtende Vorhaltung von Flächen für Landschaftsstrukturelemente und die Identifikation von Flächen für eine langfristige Pachtvergabe. Auch die Förderung solidarischer Landwirtschaft, des Wissenstransfers und der regionalen Vermarktung nehmen wir positiv auf.

Im Detail gibt es jedoch auch einige Verbesserungspunkte, auf die wir nachfolgend eingehen. Diese beziehen sich einerseits auf unsere Forderungen aus unseren Anträgen VI-A-07003 bis VI-A-07009, anderseits auf sonstige Punkte des Feinkonzepts. Diese werden nachfolgend aufgeführt.

Abschließend unterbreiten wir Vorschläge für übergeordnete Entwicklungsziele für die landwirtschaftlichen Flächen der Stadt Leipzig, denen das System der Punktevergabe für die Pachtvergabe Rechnung tragen soll.

7003 – Erhalt / Ankauf von Flächen

Es gibt keine Hinweise auf den Verkauf landwirtschaftlicher Flächen, was begrüßt wird.

Die Identifikation von Flächen mit langfristiger Pachtvergabe unter Punkt 2 des Feinkonzepts ist sehr gut.

Im Feinkonzept wird deutlich, dass durch Umnutzungen beträchtliche landwirtschaftliche Flächen im Stadtgebiet Leipzig verloren gehen werden. Es fehlt im Sinne des Bestanderhalts bzw. der Bestandserweiterung völlig die Identifikation und Suche nach neuen Flächen, die für Biolandwirtschaft / Gartenbauprojekte geeignet sind. Es wird im Feinkonzept nicht dargestellt, wie die im Haushalt eingestellten Mittel für den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen und ehemaligen Gärtnereien eingesetzt werden sollen, um den Bestand landwirtschaftlicher Flächen in städtischer Hand mindestens zu erhalten, wenn nicht sogar auszubauen.

7004 – Anlage Wildblumen- bzw. Feldheckenstreifen

Eine Pachtbefreiung für Flächen, auf denen Landschaftsstrukturelemente umgesetzt werden, ist angedacht, was wir begrüßen.

Eine Minderung des Gesamtpachtzinses für die Anlage von Landschaftsstrukturelementen auf der verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Fläche ist nicht vorgesehen. Stattdessen soll für höhere Aufwendungen, für die keine Kostendeckung besteht, eine Förderung über die Stadt Leipzig geprüft werden. Hierfür muss ein städtisches Förderprogramm zur Verfügung gestellt werden.

Die vorgesehene Pflicht zur Umsetzung von Landschaftsstrukturelementen nach initialer Begutachtung (von Expert*in Natur- und Landschaftsschutz, Agrarwissenschaftler*in und 1 Vertreter*in ASG Abt. Gewässerentwicklung zzgl ggf. Vertreter*in Naturschutzbehörde) war Intention des Antrages und wird begrüßt.

Insgesamt sollen mind. 5% der städtischen landwirtschaftlichen Flächen für ökologisch besonders wertvolle Landschaftsstrukturelemente wie Blühstreifen, Feldhecken, Feldgehölze und Feuchtbiotope vorgesehen werden, um den Artenschutz in der Agrarlandschaft zu stärken. Auf eine ausgewogene Verteilung auf den Flurstücken ist zu achten.

7005 – Pflanzenschutzmittel und Klärschlämme

Der Einsatz von Klärschlämmen und Komposten mit Klärschlammbestandteilen wird wie in unserem Antrag gefordert ausgeschlossen.

Der komplette Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide soll ein Vorgabekriterium der Pachtvergabe sein. Im Feinkonzept wird nur von einer Einschränkung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln gegenüber der „guten fachlichen Praxis“ gesprochen – es fehlt aber eine konkrete Vorgabe zur Reduktion der eingesetzten Menge. Nur die konsequente schrittweise Durchsetzung eines vollständigen Verbotes – wo es rechtlich möglich ist - wird von uns mitgetragen. Es fehlt die Zielsetzung, wann ein vollständiges Verbot durchgesetzt sein wird.

Positiv ist, dass der Einsatz von Glyphosat ab Pachtbeginn untersagt ist.

7006 – Förderung  Biolandwirtschaft

Die Punktevergabe bevorzugt definitiv Biolandbau, was begrüßt wird.

In der Punktevergabe sollte die Förderung des Biolandbaus aber noch stärker ins Gewicht fallen und genauso gewichtet werden, wie die solidarische Landwirtschaft. Die Umstellung von Betrieben auf Ökolandbau muss stärker gefördert werden.

Die ökologische Teilbewirtschaftung muss enger definiert werden. Die Berücksichtigung einer Holdingstruktur, in der Tochterfirmen ökologisch betrieben werden, als ökologische Teilbewirtschaftung soll gestrichen werden. Es geht darum, dass Flächen in der Region Leipzig ökologisch bewirtschaftet werden.

Wir schlagen daher folgende Bepunktung vor:

  • Ökologische Vollbewirtschaftung des gesamten Betriebes: 4 Punkte
  • Ökologische Teilbewirtschaftung: bei mind. 50% ökologischer Bewirtschaftung der Flächen des Gesamtbetriebes: 2 Punkte
  • Die Punktevergabe erfolgt entsprechend für Betriebe, die im Wirtschaftjahr der Pachtvergabe ihren Betrieb von konventionell auf ökologischen Standard umstellen. Diese werden damit stärker gefördert.

7007 – Ausweisung und längere Vergabe langfristig verfügbarer Ackerflächen (mind. 25 Jahre Biolandbau)

Es werden 1.300 ha Flächen identifiziert, die keiner Umnutzungsplanung unterliegen.

Es gibt jedoch keine Planung, Teile davon langfristig für den Ökolandbau zu sichern.

7008 – Pachtbefreiung in Umstellungsphase

Die von uns geforderte Pachtbefreiung in der Umstellungsphase zum Ökolandbau fehlt und wird hiermit angemahnt. Wird die Fläche im Pachtzeitraum wieder konventionell bearbeitet (Rückumwandlung), muss die Pacht vollständig nachgezahlt werden.

Weitere Anmerkungen zum Feinkonzept:

  • Auf S. 5 ist die Rede von Pachtpreisen des Leipziger Stadtgebiets, die im Feinkonzept enthalten sein sollen – diese bitte noch ergänzen.
  • Auf eine geschlechtergerechte Sprache ist zu achten. Frauen und Männer sollten im Feinkonzept gleichermaßen angesprochen werden, es werden bislang ausschließlich männliche Berufsbezeichnungen verwendet.
  • 2.6. Fachliche Mindestanforderung an den Pächter: Der Pächterbegriff soll die pachtende Organisation umfassen. Die Mindestanforderung gilt auch dann als erfüllt, wenn mind. ein/e Mitarbeiter*in der pachtenden Organisation die fachlichen Mindestanforderungen erfüllt. Hintergrund ist, dass bei Vereinen/Genossenschaften häufig die Gärtner*innen/Landwirt*innen nicht im Vorstand vertreten sind, Vereine/Genossenschaften aber nicht von der Pachtvergabe ausgeschlossen werden sollen.
  • 2.8. „AG Landwirtschaft und Stadt“ sollte nicht mit Vermarktung betraut werden, nur den Prozess der Umstellung und der Vergaben begleiten; die Vermarktung muss über eine andere Plattform realisiert werden
  • 2.14 Tierbesatz: Hier sollte konkretisiert werden, dass Futtermittel zu 50% aus eigenem Anbau kommen sollten, sonst bleibt das Kriterium zu unkonkret.
  • Es soll ein neues Kriterium der Punktevergabe eingeführt werden, welches die Senkung des Einsatzes mineralischer Dünger berücksichtigt. Hierbei sind konkrete Reduktionsziele zu nennen. Hintergrund ist die von der Mineraldüngung ausgehende Lachgasentstehung sowie die Belastung von Böden und Gewässern mit Nitraten, welche die Artenvielfalt gefährden.

Entwicklungsziele:

  • Es fehlt eine grundsätzliche regionale Gesamt-Zielstellung z.B. als „Bioregion Leipzig“. Entwicklungsziel hierfür sollte es sein, mind. 30% Biolandbau bis 2030 auf den städtischen Flächen anzustreben, was auch Ziel der neuen Bundesregierung ist.
  • Um einen Mindestanteil der landwirtschaftlichen Flächen für den Artenschutz bereitzustellen, sollen mind. 5% der städtischen landwirtschaftlichen Flächen für ökologisch besonders wertvolle Landschaftsstrukturelemente wie Blühstreifen, Feldhecken, Feldgehölze und Feuchtbiotope vorgesehen werden. Dieses Ziel ist vom Team, das die naturschutzfachliche Empfehlung für die einzelnen Flächen ausspricht (1.2.5.), im Blick zu behalten.
  • Aufgrund der zunehmenden Flächenkonflikte zwischen u.a. dem Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Flächen sollen innovative Anbaupraxen wie Agri-Photovoltaik und Agroforstsysteme im Landwirtschaftskonzept Berücksichtigung finden.

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