Straßenbegleitgrün an Überlandstraßen (Antrag 170/11)
Beschlussvorschlag:
- Die Ratsversammlung beschließt, dass an mindestens einseitig nicht bebauten Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften im Zuge von Straßenneubauten und -sanierungen an mindestens einer Straßenseite Straßenbegleitgrün in Form von Sträuchern und Hecken als natürlicher Schutz vor Schneeverwehungen angelegt wird.
- Die straßenbegleitende Begrünung soll in der Ausführung ökologisch wertvoll sein und geeignet sein, eine biotopvernetzende Funktion zu erfüllen.
- Dabei werden die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Naturschutzorganisationen an der konkreten Gestaltung maßgeblich beteiligt und das bürgerschaftliche Engagement in Ausführung und Finanzierung gefördert.
Begründung:
Straßenbegleitgrün, insbesondere in Form von Sträuchern und Hecken, stellt einen natürlichen und nachhaltigen Schutz vor Schneeverwehungen dar, wie sie im letzten Winter vorgekommen sind.
Weiterhin stellen Sträucher und Büsche Lebensraum für Pflanzen und Tiere dar und schaffen einen Biotopverbund als Linienbiotop. Durch ansprechende Gestaltung können jene das Landschaftsbild positiv gestalten und die Umgebung vor Verkehrslärm schützen. Derzeit ist das Straßenbegleitgrün geprägt von Bäumen ohne Unterbau. Häufiges Mähen mindert den Wert in jeder Hinsicht weiter. Durch die beantragten Maßnahmen sollen die verkehrstechnischen und ökologischen Aspekte und Möglichkeiten von Straßenbegleitgrün besser genutzt werden. Grundstücke mit einem Grünstreifen zwischen Straße und (zukünftiger) Bebauung werden auf diese Weise attraktiver.
Verwaltungsstandpunkt:
Alternativbeschlussvorschlag:
1. Das Feldheckenkonzept ist schrittweise mit den Landwirten auf städtischen Grundstücken umzusetzen.
2. Die Anlage von Straßenbegleitgrün einschließlich der Eigentümer- und Pachtsituationen ist im Einzelfall maßnahmebezogen zu prüfen. Der Oberbürgermeister wird darauf hinwirken, dass Straßenbegleitgrün, soweit möglich, angepflanzt wird.
Begründung:Ergebnis der Prüfung der Beschlussvorschläge aus dem Antrag Nr. V/A 170/11 vom 07.06.2011:
Eine generelle Festlegung für die Anlage von Straßenbegleitgrün ist aus eigentumsrechtlichen, finanziellen und ökologischen Gründen nicht umsetzbar.
Seitens der Verwaltung werden jedoch zwei Alternativvorschläge unterbreitet.
Zu Punkt 1 des Beschlussvorschlages aus dem Antrag Nr. V/A 170/11
1) Anlage von Straßenbegleitgrün in Form von Hecken und Sträuchern
Innerhalb der Flurstücke vorhandener Verkehrsanlagen (Fahrbahn, Bankettstreifen, Straßenbäume und Entwässerungsmulden oder Gräben) können keine zusätzlichen Gehölzstreifen angelegt werden. Eine freiwachsende Hecke benötigt mindestens eine Breite von 4 m, Schnitthecken sind wegen des hohen Pflegeaufwandes nicht durchsetzbar. Es wäre in jedem Fall Grunderwerb notwendig und meist sind die angrenzenden Flächen landwirtschaftlich genutzt. Da in den letzten Jahren durch die umfangreiche Bautätigkeit massiv Landwirtschaftsflächen verloren gingen, wird ein weiterer Verlust von Ackerflächen von den Landwirten abgelehnt. Auch bei Neubaumaßnahmen ist die Verwaltung angehalten, den Eingriff in landwirtschaftlich genutzte Flächen zu minimieren und nur den für die Anlage von Straßen oder Rad-/Gehwegen notwendigen Grunderwerb zu tätigen. Für angrenzende Gehölzstreifen wäre der Grunderwerb schwerlich durchzusetzen. Außerdem stehen anfallende Grunderwerbskosten wegen der angespannten Haushaltslage nicht zur Verfügung.
2) Schutz vor Schneeverwehungen
Für einen Schutz vor Schneeverwehungen müssen Regeln und Abstände zum schützenden Objekt eingehalten werden. An kritischen Straßenabschnitten ortsteilverbindender Straßen werden jedes Jahr vor dem Winter vom Eigenbetrieb Stadtreinigung Schneefangzäune aufgestellt. Der Aufbau dieser Schutzzäune erfolgt auf der Grundlage von Gestattungsverträgen mit den Grundstückseigentümern, wobei je nach Geländesituation ein Mindestabstand zur Straße von 20 m einzuhalten ist. Die Ablagerung des Schnees erfolgt immer flach vor und nach dem Zaun, die Straße wird dann kaum zugeweht. Ein Gehölzstreifen unmittelbar neben der Straße würde ähnlich wie ein Schneefangzaun wirken und unter Umständen die Situation von Verwehungen auf der Fahrbahn verschlimmern.
Zu Punkt 2 des Beschlussvorschlages aus dem Antrag Nr. V/A 170/11
1) ökologische Bedeutung von Straßenbegleitgrün
Das auf das relativ schmale Straßengrundstück beschränkte Begleitgrün hat auf Grund der zwangsläufigen Störungen und Belastungen keine besonders große Bedeutung für den Naturschutz und die Landschaftspflege. Die aus Eingriffs- und Vorsorgegründen positiven Wirkungen, wie Nährstoff- und Staubbindung oder Sichtschutz dienen letztendlich meist nur der Minimierung von Beeinträchtigungen oder einer neuartigen Landschaftsgestaltung. Bestehende alte Baumreihen und Alleen entlang von Straßen sind eine rühmliche Ausnahme. Die Erhaltung und Wiederbelebung solcher historischen Kulturlandschaftselemente gebietet allerdings einen Verzicht auf dichte Unterpflanzungen - zwecks Wirksamkeit der Einzelbäume. Abschnittsweise bzw. punktuell können derartige Pflanzungen eine Schutzfunktion für z. B. hinterliegende Biotope haben oder einen Beitrag zum Biotopverbund/Minderung Trennfunktion (eher quer zur Straße) leisten.
Neben Überlandstraßen liegende wertvolle Biotope können ggf. durch dichte Strauch- und Heckenpflanzungen vor übermäßigen Straßenbelastungen geschützt werden. In Verbindung mit weiteren Leitpflanzungen oder Leiteinrichtungen, Querungshilfen oder besonderen Bauwerken können partiell dichte Strauch- und Heckenpflanzungen an Straßen einen gewissen Beitrag zum - meist nicht längs verlaufenden - Biotopverbund leisten.
Ökologisch besonders wertvolle und vornehmlich dem Biotopverbund dienende Strauch- und Heckenpflanzungen sollten eher ohne „Straßenbegleitung“ oder an wenig befahrenen Wirtschafts- oder touristischen Wegen angelegt werden.
2) Feldheckenkonzept
Feldhecken und Feldgehölze, die noch bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts die meisten Ackerränder begleiteten, wurden beseitigt, um der intensiven Landwirtschaft freien Raum zu geben ohne Rücksicht auf den Verlust von Lebensräumen zahlreicher heimischer Tier- und Pflanzenarten, auf Erosions- und Klimaschutz und die Verarmung des Landschaftsbildes.
Dies ist nicht nur ein Problem in der Stadt Leipzig, sondern auch im Umland, deshalb wurde 2005 im Rahmen der Arbeit des Grünen Ringes Leipzig durch die Stadt Leipzig ein Feldheckenkonzept beauftragt, um für die offenen Landschaftsräume in Leipzig Südost und Südwest Aufwertungspotenziale für Natur und Landschaft im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen zu ermitteln.
Das Konzept schlägt in dem o. g. Gebiet die Anlage bzw. Nachpflanzung von 62 bzw. 11 Feldhecken sowie auf einer Fläche von ca. 45 ha vor. Es handelt sich größtenteils um ehemals ausgeflurte Feldwege, die mit Hilfe der naturschutzrechtlichen Ausgleichsregelung wieder belebt werden könnten. Gestufte Feldhecken inkl. Krautsaum sollen möglichst 10 m breit sein, um eine entsprechende Raumwirkung zu entfalten
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind mit dem Regionalen Planungsverband Westsachsen und der Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig abgestimmt und sollen in der Region als Grundlage für die Anlage von Feldhecken dienen. Sie wurden sowohl den Landwirten in Leipzig als auch im Grünen Ring Leipzig vorgestellt und fand dort grundlegend Zustimmung. Trotzdem ist die Umsetzung sehr schwierig:
Die meisten Flächen sind überpflügt und die Eigentümer sowie die Pächter kaum bereit, diese Flächen aus der landwirtschaftlichen Nutzung zu nehmen. Obwohl die Landwirte im Rahmen der CCR-Förderung (Betriebsprämienregelung) angehalten werden, die Nutzflächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (z. B. Erosionsschutz, Erhalt von Landschaftselementen) zu belassen und die Anlage von Feldhecken und Baumreihen über Kompensationsmaßnahmen finanziert werden können, besteht auf Grund des Flächenentzuges und des Pflegeaufwandes wenig Entgegenkommen der privaten Eigentümer und Nutzer.
Eine Umsetzung ist nur im Einvernehmen mit den Landwirten möglich, deshalb wird im Rahmen der regelmäßig tagenden AG Landwirtschaft versucht, den Pächtern der Stadt Leipzig die Vorteile von Feldhecken als integrierte Landschaftselemente aufzuzeigen und Akzeptanz für das Projekt zu finden.
Erste positive Ansätze sind in den vergangen Monaten zu verzeichnen. Die Verwaltung erhofft sich, dass dadurch weitere Landwirte zu einer Zusammenarbeit angeregt werden.
Zu Punkt 3 des Beschlussvorschlages aus dem Antrag Nr. V/A 170/11
Beteiligung von Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Naturschutzorganisationen
Die Bürgerbeteiligung an der Planung von Straßenbauvorhaben findet im Rahmen der Plangenehmigungsund Planfeststellungsverfahren statt. Bei Maßnahmen die nicht über die genannten Verfahren umgesetzt werden, ist eine Beteiligung über die jeweiligen Ortschaftsräte möglich.
Es wird vorgeschlagen das Feldheckenkonzept und dessen Realisierung im Rahmen des Naturschutzbeirates vorzustellen.
Der Antrag wurde am 25.01.2012 im Sinne des Verwaltungsstandpunktes beschlossen:
- Das Feldheckenkonzept ist schrittweise mit den Landwirten auf städtischen Grundstücken umzusetzen.
- Die Anlage von Straßenbegleitgrün einschließlich der Eigentümer- und Pachtsituationen ist im Einzelfall maßnahmebezogen zu prüfen. Der Oberbürgermeister wird darauf hinwirken, dass Straßenbegleitgrün, soweit möglich, angepflanzt wird.