Tempo 30 vor allen Schulen, Kitas und Horten (NF des Antrag 469/13 vom 28.10.2013)

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD

Beschlussvorschlag

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, bis Mitte 2015, da wo es rechtlich möglich ist, die „Tempo-30“-Regelung an Schulen, Kitas und Horten einzuführen. Dazu werden Einzelfallprüfungen durchgeführt.
  2. Bis Ende 2014 ist dem Stadtrat ein Zwischenbericht zu den Einzelfallprüfungen und bis Ende 2015 ein Umsetzungsbericht vorzulegen.

Begründung

Geschwindigkeitsbeschränkungen vor Schulen und Kitas sind ein probates Mittel zur Erhöhung der Verkehrssicherheit für Kinder.

Um eine Geschwindigkeitsbeschränkung anordnen zu können, muss folglich eine Gefahrenlage bestehen, die zum einen auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und die zum anderen das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO geschützten Rechtsgüter (hier insbesondere Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum) erheblich übersteigt.

Der Antrag wird mit der im Dezember 2012 ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach begründet, das die Stadt Nürnberg in ihrem Handeln bestätigt und die Einführung von "Tempo 30" vor Schulen und Kitas für rechtmäßig erklärt hat.


Verwaltungsstandpunkt vom 31.03.2014

Die Verwaltung empfiehlt folgenden Alternativvorschlag:

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, bis Mitte 2015, da wo es rechtlich möglich ist, die Tempo-30-Regelung an Schulen, Kitas und Horten einzuführen. Dazu werden Einzelfallprüfungen durchgeführt.
  2. Bis Ende 2015 ist dem Stadtrat ein Umsetzungsbericht vorzulegen.

Begründung

Zahlreiche Schulen und Kindertagesstätten liegen in Wohngebieten, in denen bereits Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten. Zusätzlich sollten jedoch auch die Bereiche untersucht werden, die außerhalb von Wohngebieten liegen und damit möglicherweise noch weiteres Potenzial zur Erhöhung der Verkehrssicherheit besitzen. Mit dieser Untersuchung soll die objektive Beurteilungsgrundlage einer Übersicht für alle Schulen und Kindertagesstätten bezüglich Verkehrssicherheit geschaffen werden, aus der objektbezogene Maßnahmen zur Umsetzung abgeleitet werden. Im Stadtgebiet gibt es derzeit 196 Standorte von Schulen. Davon sind 66 Grundschulen in kommunaler und 10 Grundschulen in freier Trägerschaft zu beurteilen. Bei den weiteren
Schulstandorten handelt es sich um Oberschulen (32), Gymnasien (22), Förderschulen (20) und Betriebsberufsschulzentren/-standorte (46) in kommunaler und freier Trägerschaft. Hinzu kommen noch derzeit etwa 220 Standorte von Kindertagesstätten, sodass insgesamt mehr als 400 Standorte zu überprüfen sind; auch Horte sind vereinzelt an separaten Standorten vorhanden.

Hinsichtlich der Schulstandorte ist festzustellen, dass diese in der ämter- und institutionenübergreifenden Arbeitsgruppe Schulwegsicherheit (Polizei, Stadtelternrat, Messestadt Leipzig Verkehrswacht, Ordnungsamt, Verkehrs- und Tiefbauamt) unter Leitung des Amtes für Jugend, Familie und Bildung regelmäßig mit großem Erfolg begutachtet und wo nötig Maßnahmen ergriffen werden. Es ist festzustellen, dass in Leipzig deshalb kein generelles Verkehrssicherheitsproblem hinsichtlich der Schulwegsicherheit besteht.

Die Erhöhung der Verkehrssicherheit kann durch pauschale Maßnahmen nicht erreicht werden, vielmehr bedarf es der individuellen örtlichen Betrachtung und Entscheidung, ob und durch welche geeigneten Mittel eine Verbesserung erreicht werden kann. Bei diesen Maßnahmen sind auch immer die unterschiedlichen Nutzergruppen zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass z. B. bei einer Grundschule, zu der die Schülerinnen und Schüler allein gehen, andere Maßnahmen sinnvoll sind, als z. B. bei Kitas, bei denen in der Regel die Eltern die Kinder in die Einrichtung begleiten. Ebenso sind bei berufsbildenden Schulen – aufgrund der Altersstruktur der Schülerinnen und Schüler – andere Bewertungsmaßstäbe anzusetzen.

Grundsätzlich gilt, dass vorrangig bauliche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Beachtung der allgemeinen Verkehrsregeln und damit die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten. Sollten die allgemeinen Verkehrsregeln im Einzelfall für die Gewährleistung der Sicherheit nicht ausreichen und Beschränkungen zur Diskussion stehen, müssen diese auf der Grundlage der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) betrachtet werden.
Gemäß § 3 StVO gilt innerhalb geschlossener Ortschaften grundsätzlich eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Die Straßenverkehrsbehörden können im Einvernehmen mit den Gemeinden die Ausweisung von Tempo-30-Zonen vornehmen [§ 45 Abs. 1c StVO in Verbindung mit den Verwaltungsvorschriften (VwV-StVO) zu § 45 Abs. 1c, XI]. Tempo-30-Zonen sind nur unter den dort genannten Voraussetzungen, unter anderem zum Schutz der Wohnbevölkerung, zulässig. Von dieser Möglichkeit hat die Stadt Leipzig bereits großflächig Gebrauch gemacht. Voraussetzung ist aber auch, dass ein leistungsfähiges, auch den Bedürfnissen des öffentlichen Personennahverkehrs und des Wirtschaftsnetzes entsprechendes Vorfahrtstraßennetz festgelegt wird.

Die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Streckenabschnitten ist nur zulässig, wenn dies aus Sicherheitsgründen erforderlich ist oder zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen. Sie sollen aus Sicherheitsgründen auf bestehenden Straßen nur dann angeordnet werden, wenn Unfalluntersuchungen ergeben haben, dass häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle aufgetreten sind.

Zur Beurteilung der Lärm- und Luftschadstoffsituationen sind die entsprechenden Fachpläne (Lärmaktionsplan, Luftreinhalteplan) heranzuziehen. Die Umsetzung der bundesweit einheitlich gültigen Straßenverkehrs-Ordnung erfolgt als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises und unterliegt der Fachaufsicht der oberen Straßenverkehrsbehörde (Landesamt für Straßenbau und Verkehr). Die Gemeinde ist insoweit in ihrer Entscheidungskompetenz eingeschränkt. Zur notwendigen einzelfallbezogenen Überprüfung der Situation sind zunächst die Bedingungen des Umfeldes jeder zu betrachtenden Einrichtung zusammenzustellen und die
Unfalllage bei der Polizei abzufragen und auszuwerten sowie Kontakt mit sämtlichen Einrichtungen aufzunehmen, um potenzielle Schwerpunkte zu erfassen. Anschließend werden unter Hinzuziehung der Ergebnisse der bereits für eine große Anzahl von Standorten durchgeführten Überprüfungen (im Rahmen der Arbeitsgruppe Schulwegsicherheit, in Abstimmungen mit Ortschaftsräten und Stadtbezirksbeiräten und im laufenden Verwaltungshandeln) entsprechende Festlegungen zu treffen sein.

Kinder im Kindergartenalter unterliegen der Aufsichtspflicht ihrer Eltern (Bürgerliches Gesetzbuch) oder anderer geeigneter Personen. Der Weg zum Kindergarten darf deshalb nicht von den Kindern allein bewältigt werden und sie werden deshalb im Regelfall von den Eltern gebracht. Der Weg zur Kindertagesstätte unterscheidet sich dabei nicht von den anderen Alltagswegen, die die Eltern mit ihren Kindern im öffentlichen Verkehrsraum bewältigen. Natürlich ist davon auszugehen, dass die Eltern eine sichere Querung der Straße wählen, auch wenn sie mit Umwegen verbunden ist. Auch liegen die meisten Kindertagesstätten in verkehrsberuhigten Wohngebieten. Tagsüber halten sich die Kinder zumeist im Gelände der Kindertagesstätten auf und unterliegen beim eventuellen Verlassen des Geländes der Aufsichtspflicht des Personals. Es ist daher nicht zu erwarten, dass vor Kindertagesstätten eine besondere Gefahrenlage (wie oben erläutert) nachgewiesen werden kann, die Geschwindigkeitsbeschränkungen erfordert. Eine Überprüfung der Standorte ist deshalb nicht notwendig. Sofern Geschwindigkeitsbeschränkungen in Betracht gezogen werden, ist der ÖPNV angemessen zu berücksichtigen, da diese Beschränkungen auch für Straßenbahnen und Busse gelten, sofern sie nicht auf eigenem Bahnkörper verkehren.

Im Rahmen der Überprüfung werden die benötigten finanziellen Mittel für die Umsetzung der standortbezogenen Maßnahmen dargestellt. Je nach Größenordnung kann es erforderlich werden, zusätzliche finanzielle Mittel bereitzustellen. Dies kann derzeit noch nicht beurteilt werden. Die Federführung für die Überprüfung der Schul- und Hortstandorte liegt bei der AG Schulwegsicherheit. Das bedeutet, sämtliche Umsetzungsvorschläge werden von der AG getroffen. Bezüglich der Kita-Standorte liegt die Federführung beim VTA. Die Gesamt-Federführung liegt beim VTA.

Bis Ende des ersten Quartals 2014 kann eine erste Übersicht über alle zu prüfenden Standorte erstellt werden, die die verkehrliche Lage im Straßenhauptnetz bzw. im verkehrsberuhigten Nebennetz enthält. Anhand dieser Übersicht wird die anschließende Prüfung der geschwindigkeitsreduzierenden Maßnahmen durchgeführt.

Bis Ende des III. Quartals 2014 kann die Überprüfung der 66 Grundschulstandorte und Horte bei Bereitstellung des erforderlichen Personals abgeschlossen werden. Anschließend soll der DB OBM unverzüglich das Prüfergebnis und ein Vorschlag zu den Schritten der weiteren Überprüfung der 350 Standorte von Kitas und weiterführenden Schulen vorgelegt werden. Das schrittweise Vorgehen ist notwendig, da bei der Anzahl von insgesamt deutlich mehr als 400 Standorten ein nicht unbeträchtlicher Zeitaufwand berücksichtigt werden muss. Die Vorbereitung und Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Verfahren zur Umsetzung verkehrsrechtlicher Belange bezieht auch externe Ressourcen ein (Polizei). Für jede Regelung ist einzelfallbezogen ein vorgeschriebenes verkehrsrechtliches Anhörungsverfahren durchzuführen. Im Einzelfall kann das Landesamt für Straßenbau und Verkehr zustimmungspflichtig werden.

Die Umsetzung aller festgelegten Maßnahmen für die Schulstandorte, die Kindertagesstätten sowie die Horte wird bis Mitte 2015 angestrebt. Der Umsetzungsbericht kann dann bis Ende 2015 dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben werden.

Votum der Ratsversammlung vom 16.04.2014

einstimmig angenommen

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