Umweltbibliothek Leipzig – Fortbestand sichern (Antrag 00425/14)

Beschlussvorschlag

  1. Der Leipziger Stadtrat unterstützt das Fortbestehen der Umweltbibliothek Leipzig des Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e. V. und beschließt im 26. Jahr ihres Bestehens ihre eigenständige Förderung als wichtige Informationseinrichtung in der Stadt Leipzig.
  2. Der Trägerverein erhält dazu für die Umweltbibliothek Leipzig – analog dem Förderverein Auwaldstation - einen eigenen Titel im kommunalen Haushalt, der ab dem Haushaltsjahr 2015 jährlich mit 75.000 € untersetzt wird.

Begründung:

Die Umweltbibliothek Leipzig ist 1988 bei der AG Umweltschutz des Jugendpfarramtes der evangelischen Kirche als Teil der regimekritischen Umweltbewegung der DDR entstanden. Deren Beitrag zur Friedlichen Revolution war das Aufdecken und Bekannt machen der gravierend schlechten Umweltsituation in der DDR und des daraus erwachsenden Unmuts und Widerstands in der Bevölkerung: gegen die Zerstörung ganzer Landstriche durch Tagebaue oder die Vergiftung von Gewässern, Böden und Luft durch die Landwirtschaft und ungefilterte Industrieabgase und –abwässer. Insbesondere das Gebiet zwischen Leipzig-Halle und Bitterfeld-Wolfen galt damals als eine der am höchsten belasteten Regionen in Europa. Die Umweltbibliothek war mit ihrer Informationsarbeit ein wichtiges Korrektiv zur damals staatlich verordneten Geheimhaltung von Umweltdaten.

Damals wie heute war und ist die Umweltbibliothek eine zentrale Informationsstelle in Umweltfragen in der Region. Die Nutzerschaft reicht von Schülerinnen bis zu Verwaltungsmitarbeitern und von Pädagogen bis zu Planungsbüros. Wie bei anderen wichtigen Leipziger Einrichtungen reicht der Nutzerkreis auch über die Stadtgrenzen hinaus: u.a. liefert die Leipziger Umweltbibliothek per Fernleihe vielen kleinen und mittleren Stadtbibliotheken in Sachsen Medien für deren Leser, da sie über einen breiten Bestand unterschiedlichster Medien zu vielfältigen Themen – vom umweltgerechten Bauen über die Umweltpädagogik, von der Umweltpolitik und der Umweltpsychologie bis zum Natur- und Gewässerschutz – verfügt, der in dieser Breite und Tiefe in öffentlichen Allgemeinbibliotheken nicht vorgehalten wird und der selbst für Universitäts- und Fachhochschulbibliotheken eine wertvolle Ergänzung darstellt. Dies zeigt sich auch in der Nutzung vieler Leipziger Studenten vor allem von HTWK und Universität Leipzig. Die Umweltbibliothek hat zudem 2005 wie auch 2011 wertvolle öffentliche Auszeichnungen ihres Engagements und Angebotes erfahren und wurde als „offizielles Projekt der Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung“ der UNESCO ausgezeichnet.

Während die Umweltbibliothek nun 2014 auf 26 erfolgreiche Jahre zurückblickt, ist gleichzeitig ihr weiterer Fortbestand ungewiss. Die seit 1993 bestehende Förderung durch die Stadt Leipzig ist im Laufe der Jahre um ein Viertel gesunken, während gleichzeitig – wie ja auch bei allen städtischen Einrichtungen - alle Kosten deutlich gestiegen sind. Mit einer Förderung von aktuell noch ca. 30 T €, kann aber keine, auf die allgemeine Öffentlichkeit ausgerichtete und mit entsprechenden Öffnungszeiten ausgestattete Einrichtungen dauerhaft arbeiten. Die Differenz, um Miete, Personal, Medienbeschaffung, Bibliothekstechnik und sonstige Sachkosten bezahlen zu können, ist auch mit der seit 1990 bei der Umweltbibliothek vorhandenen Mitfinanzierung über Stiftungen, Unternehmen, Spenden, Arbeitsmarktförderungen und die in der Vereinslandschaft unvermeidbare Bereitschaft zur Arbeit für geringste, weit unter öffentlichen Tarifen liegende Entlohnung nicht auszugleichen. Insbesondere ist ein qualitätsvoller Betrieb nicht allein mit vollständig wechselndem Personal im Bundesfreiwilligendienst zu bewerkstelligen.

Analog dem Beschluss des Stadtrates über die Förderung der Auwaldstation Leipzig, soll der Förderverein der Umweltbibliothek daher einen eigenen Haushaltstitel und über eine entsprechend analoge Vereinbarung eine mehrjährige Zusage über die kommunale Unterstützung erhalten.


Verwaltungsstandpunkt zum Antrag:

Die Verwaltung empfiehlt die Ablehung des Antrages

Begründung:

Den Fortbestand der Umweltbibliothek durch eine eigene Haushaltsposition im städtischen Haushalt zu sichern, die jährlich mit 75.000 EUR untersetzt wird, würde Sinn und Zweck der Rahmenrichtlinie der Stadt Leipzig über die Vergabe von Zuwendungen an außerhalb der Stadtverwaltung stehende Stellen widersprechen. Eine solche Förderung würde, da die für das kommende Haushaltsjahr zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bereits feststehen, zulasten anderer Vereine und Verbände gehen, die auf dem Gebiet des Umwelt- und Naturschutzes tätig sind. Sie würde den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zuwiderlaufen.
Zuwendungen der Stadt Leipzig an Stellen außerhalb der Stadtverwaltung werden auf Grundlage der Rahmenrichtlinie zur Vergabe von Zuwendungen auf Antrag gewährt. Die Richtlinie legt verbindlich fest, wie bei der Vergabe von Zuwendungen zu verfahren ist und soll die einheitliche Ausübung des Ermessens und eine gleichmäßige Behandlung aller Antragsteller sicherstellen. Nach Art. 3 Abs. 1 GG haben mögliche Zuwendungsempfänger einen Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Ausübung des Ermessens (Selbstbindung der Verwaltung). Ein Ratsbeschluss mit dem Inhalt, die Umweltbibliothek voll zu finanzieren würde unter anderem andere Zuwendungsempfänger benachteiligen.
In den Jahren 1997 – 2014 hat der Ökolöwe Umweltbund für die Umweltbibliothek von der Stadt Leipzig jeweils Fördermittel von durchschnittlich 35.000 EUR erhalten. Die Förderhöhe ist also über die Jahre in etwa konstant geblieben. Die Zuwendung ab dem Jahr 2015 um mehr als das Doppelte auf 75.000 EUR zu erhöhen, erscheint, zumal sich die Höhe der für die Bibliothek beantragten finanziellen Mittel bislang nicht verändert hat, nicht plausibel.
Im Ergebnis hieße eine Förderung i.H.v. 75.000 EUR, dass der Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V., der neben der Förderung der Umweltbibliothek regelmäßig die Förderung weiterer Projekte beantragt, insgesamt mehr als die Hälfte der für alle Umweltvereine und -verbände jährlich zur Verfügung stehenden Fördermittel für sich beansprucht. Andere, insbesondere kleinere Vereine, die auf dem Gebiet des Umwelt- und Naturschutzes tätig sind, gingen leer aus.
Die Förderung i.H.v. 75.000 EUR steht auch in keinem wirtschaftlichen Verhältnis.
Im Verwendungsnachweis führt der Trägerverein Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. aus, dass die Umweltbibliothek im Vergleich zu Allgemeinbibliotheken nur wenig für den allgemeinen Lesebedarf, sondern eher anlassbezogen genutzt wird. Im Jahr 2012 bspw. hatte die Umweltbibliothek 2.000 Nutzungsfälle pro Jahr. Das sind acht Nutzungsfälle täglich. Die Nutzungsfälle verteilten sich auf etwa 300 Nutzer. Den Erhalt der Bibliothek in Anbetracht dieser Nutzungszahlen in der geforderten Höhe zu subventionieren, widerspricht jeglicher Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Um den Fortbestand der Bibliothek zu sichern, sollten auch andere kostentragende Modelle geprüft werden (bspw. Senkung von Personalkosten, Erhöhung der Erträge durch Einführen von Nutzungsgebühren). Denn unbestritten handelt es sich bei der Umweltbibliothek um eine zentrale und renommierte Informationsstelle für alle Umweltfragen und sollte als solche möglichst erhalten bleiben.
Ihr Fortbestehen kann aber nicht einzig von der Erhöhung der Finanzhilfen der Stadt Leipzig abhängig gemacht werden.
Dass dem Förderverein Auwaldstation eine regelmäßige Zuwendung zukommt, beruht auf einer vertraglichen Vereinbarung zum Fortbestand der Auwaldstation infolge der Eingemeindung von Lützschena-Stahmeln. Die Situation des Fördervereins ist mit der Situation des Ökolöwe - Umweltbund Leipzig e. V. folglich nicht vergleichbar.

Votum der Ratsversammlung:

Der Antrag erldigte sich durch die positive Entscheidung zu einem im Wesentlichen gleichlautenden Haushaltsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, wonach das Budget der Umweltvereine um 35.000 € jährlich erhöht wird, welche zweckgebunden der Umweltbibliothek zugeführt werden sollen. Somit wird die Umweltbibliothek zukünftig insgesamt ein Budget von jährlich 70.000 € zukommen.

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