Vollzug von Parkverboten (Anfrage 506/12)
Anfrage zur Ratsversammlung vom 29.02.2012
In der Stadtverwaltung kommt es vermehrt zu Differenzen, da das Ordnungsamt verkehrsrechtliche Anordnungen zu Parkverboten auf Grund der baulichen (Neu-)Gestaltung von Flächen und/oder der Ausschilderung für nicht vollziehbar hält und entsprechend auch nicht ahndet (z. B. Liebigstraße, Vorplatz Bahnhof Knauthain). Da dies kein hinnehmbarer Zustand ist, dass einerseits durch die Stadt Flächen gestaltet werden, deren Funktionszuordnung danach durch ein Amt in der Durchsetzung in Frage gestellt wird, stellen wir folgende Fragen:
- Welche Flächen, bzw. bei welchen baulichen/gestalterischen Gegebenheiten bzw. Ausschilderungen hält das Ordnungsamt den Vollzug von verkehrsrechtlichen Regelungen nicht für vollziehbar und mit welcher Begründung?
- Wie geschieht im Planungsprozess die Abstimmung zwischen den Ämtern bezüglich der Frage der vorgesehenen verkehrsrechtlichen Anordnungen und der dafür notwendigen baulichen und gestalterischen Grundlagen?
- Wie stellt der Oberbürgermeister für die aktuellen Fälle und für die Zukunft sicher, dass Flächen baulich so gestaltet werden, dass verkehrsrechtliche Anordnungen im Vollzug umgesetzt werden können und auch umgesetzt werden?
Die Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung hier als Protokollauszug:
Bürgermeister Rosenthal führt aus, die Beachtung von Verkehrszeichen oder aus den baulichen Gegebenheiten erwachsenden Verkehrsbeschränkungen durch Verkehrsteilnehmer könne nur dann erreicht werden, wenn die betreffenden Verkehrszeichen oder –beschränkungen ohne Weiteres durch die Verkehrsteilnehmer wahrgenommen und in ihrem Wirkungsgehalt richtig interpretiert werden können. Dies sei in Leipzig nicht immer gewährleistet und habe zur Folge, dass an verschiedenen Stellen die Vorwerfbarkeit einer Handlung nicht gegeben sei und somit auch keine Ahndung durch die Verkehrsüberwachung erfolge. Die anzuwendenden Kriterien seien keineswegs durch das Ordnungsamt gewählt, sondern entsprächen den gesetzlichen Vorgaben oder der laufenden Rechtsprechung. Rechtliche Voraussetzung für die Ahndung einer Verkehrsordnungswidrigkeit sei mithin das Vorliegen einer rechtswidrigen und vorwerfbaren Handlung. Unklarheiten in der Verkehrszeichenregelung oder in der baulichen Ausgestaltung dürften nicht zulasten der Verkehrsteilnehmer gehen. Um eine Ahndung zu ermöglichen, müssten die Verkehrszeichen vielmehr inhaltlich klar und frei von Widersprüchen sein.
Aufgrund der baulichen Ausgestaltung lasse sich das ungewollte Parken mit ordnungsrechtlichen Mitteln am Bahnhof Knauthain nicht unterbinden. Dort befinde sich neben den eigentlichen Parkständen eine Fläche, die regelmäßig zum Parken genutzt werde. Dort parkende Fahrzeuge verstießen aber weder gegen ein gesetzliches Parkverbot noch sei durch eine entsprechende Verkehrszeichenregelung das Parken im besagten Areal untersagt. Vielmehr könne mit Blick auf die bauliche und optische Ausgestaltung des Terrains dieses auch als Parkplatz interpretiert werden.
Eine ähnliche Situation habe bis vor kurzem im neu gestalteten Bereich der Liebigstraße gegenüber dem Eingang des Klinikums vorgelegen. Hier seien inzwischen die erforderlichen Poller gesetzt worden. Dadurch sei die Sicherheit für die Fußgänger nun gewährleistet.
Aufgrund unklarer bzw. nicht zureichender Fahrbahnmarkierung sei unter anderem im Waldstraßenviertel und in Schleußig die Durchsetzung der ursprünglich beabsichtigten Parkordnung derzeit erschwert. Nicht rechtskonforme verkehrsrechtliche Anordnungen ließen die Ahndung von Parkverstößen im ersten Realisierungsabschnitt der Fahrradstraße im sogenannten Inneren Fahrradring zurzeit nicht zu, was darüber hinaus partielle Auswirkungen auf die Verkehrskontrollen in der übrigen Innenstadt habe.
Hinsichtlich der Regelungen zur autoarmen Innenstadt sei insgesamt festzustellen, dass mit Blick auf die hohe Anzahl von Verkehrszeichen in der Innenstadt, ihren vielfältigen und unterschiedlichen Regelungsgehalt sowie die speziellen Geltungsbereiche und die räumliche Dimension aus Sicht des Ordnungsamtes grundsätzlich von einer Unübersichtlichkeit auszugehen sei, die Verkehrsverstöße nur schwer vorwerfbar mache. Vielfach sei die Grenze der Erfassbarkeit für einen durchschnittlichen Fahrzeugführer überschritten. Problematisch sei die Freihaltung von Radwegen beispielsweise in der Richard-Lehmann-Straße, in der Karl-Liebknecht-Straße, in der Pfaffendorfer Straße, in der Lindenthaler Straße, und zwar immer dann, wenn in den Geschäftsstraßen keine alternativen Andienungsmöglichkeiten für die Anlieger bestehen.
Große Sorge bereite sowohl dem Verkehrs- und Tiefbauamt als auch dem Ordnungsamt die weit verbreitete Unsitte, dass Unbekannte mittels Aufklebern und Farbaufträgen Verkehrszeichen unkenntlich machen. Den verfügbaren Ressourcen geschuldet, könne nicht in jedem Fall im gewünschten Umfang und in der eigentlich gebotenen Kurzfristigkeit Abhilfe geschaffen werden.
Selbstverständlich würden bei der Planung von Straßenbaumaßnahmen die Belange des Straßenverkehrsrechts einbezogen. Im Planungsprozess würden die verkehrlichen und ordnungsrechtlichen Belange durch die Straßenverkehrsbehörde wahrgenommen. Diese vertrete die gleichen Anliegen wie das Ordnungsamt. Bei speziell das Ordnungsamt betreffenden Sachverhalten, wie bei im Planverfahren vorgesehenen Park- und Halteverboten, werde das Ordnungsamt entsprechend einbezogen. Im Regelfall gebe es seitens des Ordnungsamtes keine Probleme, wenn neu gestaltete Straßen zur Nutzung freigegeben werden. In Ausnahmefällen, bei denen die Durchsetzung der Regelungen des Straßenverkehrsrechts nach Fertigstellen entgegen den Erwartungen erschwert sei, würden geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation getroffen.
Die aus solchen Fallgestaltungen gesammelten Erfahrungen würden bei zukünftigen Planungen berücksichtigt. Das Ordnungsamt bringe sich in die Verkehrsplanung ein, um rechtzeitig auf den Vollzug notwendiger verkehrsrechtlicher Anordnungen sachdienlich Einfluss zu nehmen.
Stadtrat Herrmann (Fraktion DIE LINKE) fragt, inwieweit von den zuständigen Bürgermeistern mit den Ausnahmen umgegangen werde. Es müsse doch geregelt werden, dass solche Ausnahmen, die Folgekosten hervorriefen, nicht entstehen.
Außerdem sei ausgeführt worden, dass grundsätzlich von einer Unübersichtlichkeit im Stadtzentrum ausgegangen werden könne, sodass es sehr schwierig sei, hier eine Verfolgung vorzunehmen. Er frage, ob dies bedeute, dass der Stadtratsbeschluss „Autoarme Innenstadt“ dringend überarbeitet werden müsse, um die Übersichtlichkeit wiederherzustellen. Bisher befinde sich an jeder Einfahrt in die Innenstadt ein großes Schild „Tempo-20-Zone, Parken nur im gekennzeichneten Bereich“. Wenn dies unübersichtlich sei, bedeute dies, dass man Tempo 50 fahren und überall dort parken dürfe, wo kein Halteverbotsschild sei.
Bürgermeister zur Nedden antwortet, aus Sicht der Verwaltung müsse der erwähnte Stadtratsbeschluss nicht verändert werden. Im Straßenverkehrsrecht komme es immer wieder zu Änderungen, und die Verwaltung sei ständig im Gespräch, um auftretende Probleme möglichst gemeinsam zu lösen.
Das betreffe auch den Bereich des Bahnhofs Knauthain. Dort müsse man feststellen, dass in Bereichen geparkt werde, die dafür nicht vorgesehen seien. Daher werde man auch zum Abpollern greifen müssen. Dies hätte man gern vermieden, aber um das Problem einwandfrei zu lösen, werde man um die Poller nicht herumkommen.
Stadtrat Quester (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) erwähnt, dass das Waldstraßenviertel und Schleußig als zwei Gegenden genannt worden seien, wo es für das Ordnungsamt schwierig sei, tätig zu werden. Ihn interessiere, inwieweit es schwierig sei, das Parken in zwei Reihen auf dem Gehweg ordnungsrechtlich zu verfolgen. Seines Wissens sei ein Gehweg immer als solcher zu erkennen, und er kenne kein Recht, das es erlaube, dort eine Abwägungsentscheidung zu treffen.
Außerdem fragt Stadtrat Quester, wie es sein könne, dass dann, wenn zwei Ämter gemeinsam auf die Planung schauen, am Ende etwas gebaut werde, von dem ein Amt sage, es könne dort aufgrund der Art, wie es gebaut sei, die verkehrsrechtliche Anordnung nicht vollziehen. Derartige Dinge müssten doch im Planungsprozess geklärt werden.
Bürgermeister Rosenthal stellt klar, hinsichtlich Waldstraßenviertel und Schleußig habe er von unzureichenden Fahrbahnmarkierungen gesprochen. Was die zweite Frage betreffe, so sei das Ordnungsamt im Planungsprozess involviert. Zum Bahnhof Knauthain sei zu sagen, dass die dortige Fläche nicht als Parkfläche vorgesehen gewesen sei. Angesichts der Tatsache, dass dort jetzt geparkt werde, werde es künftig über die bereits vorhandenen Poller hinaus eine weitere Abpollerung geben, um das Abstellen auf dieser Fläche zu verhindern.
Bürgermeister zur Nedden ergänzt, der Bahnhof Knauthain sei in hervorragendes Beispiel. Wenn man an den „common sense“ der Autofahrer appellieren könnte, wäre es nicht erforderlich, dort abzupollern. Eigentlich müsste jedem klar sein, dass das kein Bereich sei, wo man parken soll. Trotz der Tatsache, dass das verkehrsrechtlich mit gewissen Unsicherheiten behaftet sei, habe die Verwaltung das probiert, weil es nicht sinnvoll sein könne, fast überall Poller zu setzen und damit den öffentlichen Raum zuzustellen. Inzwischen habe man lernen müssen, dass es dort ohne Poller nicht gehe, und müsse deshalb nachsteuern.
Stadtrat Hobusch (FDP-Fraktion) fragt Bürgermeister Rosenthal und Oberbürgermeister Jung, ob diese ihm recht geben, dass es in einer Stadt, die stolz auf Bürgerfreundlichkeit sei, bei etwa 600 fehlenden Stellplätzen allein in Schleußig nicht unbedingt opportun sei, rechtswidriges Parken, das nicht unmittelbar zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führe, rechtlich zu ahnden.
Bürgermeister zur Nedden erklärt, dass er diese Frage nicht bejahen könne. Erst einmal sei jeder, der sich ein Auto kaufe, auch dafür verantwortlich, sich zu überlegen, wo er dieses abstellt, und zwar entsprechend den Regularien. Dass die Verwaltung in Bestandsgebieten bei Baugenehmigungen keine zusätzlichen Stellplätze fordere, sei nun einmal Inhalt der Bauordnung. Natürlich seien auch Private gefordert, entsprechende Stellplätze zum Beispiel für ihre Mieter zu schaffen. In Schleußig seien intensive Untersuchungen durchgeführt worden. Es sei nur schlichtweg so, dass für die Preisvorstellungen, die Autobesitzer in Schleußig haben, nämlich maximal 20 € zu bezahlen, keine Stellplätze geschaffen werden können. Sicherlich sei man einer Meinung, dass es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand ist, für Private subventionierte Stellplätze zu bauen. Hier müsse private Initiative Platz greifen, und die Verwaltung sei gern behilflich, hierfür entsprechende Flächen zur Verfügung zu stellen.
Die Frage von Stadtrat Herrmann (Fraktion DIE LINKE), ob Bürgermeister Rosenthal im recht gebe, dass das Erreichen eines Parkplatzes auf dem Fußweg und das Befahren des Fußweges auf einer längeren Strecke eine Gefährdung für diejenigen sein könne, die aus den Häusern kommen, wird von Bürgermeister Rosenthal bejaht.
Stadtrat Weber (SPD-Fraktion) erklärt, er habe immer noch nicht verstanden, wie man des Problems in Schleußig Herr werden wolle. Es gebe dort bestimmte Gefahrenlagen, und die Gehwege seien nicht zum Befahren mit Autos geeignet.
Oberbürgermeister Jung äußert, es führe sicherlich zu weit, das im Stadtrat zu erörtern, sondern das sei eigentlich eine Frage des Ausschusses. Aber eines könne man festhalten: Verkehrssicherheit ist sicherzustellen; Gefährdungssituationen sind zu beseitigen; und Schritt für Schritt ist mit Augenmaß eine Parkplatzsituation in Schleußig und im Waldstraßenviertel so zu erzielen, dass der schwierigen Situation und den unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung trägt, aber auf der anderen Seite nicht die Stadt in die Verantwortung bringt, für private Stellplätze zu sorgen.