Wie gewonnen, so zerronnen: Zukunft des Liviaplatzes als Fußgängerbereich ungewiss

Foto: Martin Jehnichen

Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Kreisverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Marvin Frommhold (SBB Mitte) vom 15. Februar 2023

2022 wurde der Liviaplatz im Leipziger Waldstraßenviertel auf Beschluss des Stadtrates, einer Initiative des Stadtbezirksbeirates Mitte folgend, fußgängerfreundlich umgestaltet: Im Rahmen eines auf drei Jahre geplanten Modellprojektes wurden innerhalb eines abgegrenzten Gebietes Bänke und Pflanztöpfe sowie Papierkörbe aufgestellt, hinzu kamen aufgemalte Spielfelder und ein öffentlicher Bücherschrank. Diese von den Anwohner*innen gern und immer häufiger genutzte Platzgestaltung sollte zu gegebener Zeit evaluiert werden und in besten Fall in eine dauerhafte Lösung münden.

Vermeintlich wegen der Großbaustelle in der Waldstraße entschied der Stadtrat am 7. Februar 2023, das Modellprojekt zu „unterbrechen“ und den Liviaplatz für die Umleitung freizugeben. Möglich wurde das durch einen kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag der SPD-Fraktion, die dann auch gemeinsam mit der AfD, der CDU und der Freibeuter-Fraktion für die Autofahrenden und mithin gegen die Fußgänger*innen, gegen verkehrsberuhigte öffentliche Plätze und damit gegen ein Stück Lebensqualität für die dort lebenden Menschen und ihre Gäste stimmten. Marvin Frommhold, bündnisgrüner Stadtbezirksbeirat in Leipzig-Mitte: „Der Beschluss ist nicht nur ein Schlag gegen den Stadtbezirksbeirat Mitte und den Bürgerverein Waldstraßenviertel, sondern er stellt sich auch gegen die Meinung des Petitionsausschusses und der Verwaltung.“

Martin Biederstedt, bündnisgrüner Stadtrat und maßgeblich an der Idee des Modellprojektes beteiligt, äußerte Kritik an der von CDU und SPD betriebenen Diskreditierung des Evaluierungsprozesses. „Die Modellprojektzone wurde unseren Beobachtungen nach von den dort lebenden Menschen schnell angenommen. Es entstand bereits nach wenigen Wochen ein sichtbares Selbstverständnis, den Platz mittig zu queren, ohne nach rechts und links schauen zu müssen. Aufgrund dieser Gewöhnungseffekte, was das freie Queren betrifft, müssen wir mit gefährlichen Situationen vor allem zwischen Autos und Fußgänger*innen rechnen, sollte der Ursprungszustand des Liviaplatzes von vor Mai 2022 wiederhergestellt werden.“

Foto: Martin Jehnichen

Kristina Weyh, verkehrspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Fraktion, ergänzt: „Das hohe Engagement und die Beteiligung der Menschen im Waldstraßenviert wird leider nicht Wert geschätzt. Die eingerichteten Waldstraßenquerungen haben sich längst eingespielt und trotzdem opfern wir hier das Modellprojekt Liviaplatz. Wir können jetzt nur Richtung Sommer sehen und das Modellprojekt fortsetzten. Denn die Erfahrungen mit dem Liviaplatz waren bisher sehr positiv.“

Schon während der Planung des Modellprojektes wurde von Stadträt*innen verschiedener Fraktionen, die einer echten Verkehrswende keinerlei Bedeutung zumessen, infrage gestellt, ob die autofreie Nutzung eines öffentlichen Platzes überhaupt erforderlich sei. Die LVB (Leipziger Verkehrsbetriebe) hatten zunächst das Modellprojekt bei der Planung des Schienenersatzverkehrs offenbar ebenso wenig auf dem Schirm wie das für die Planung der Umleitung des Autoverkehrs zuständige VTA (Verkehrs- und Tiefbauamt). Nur anderthalb Monate später jedoch präsentierten dann VTA und LVB einen Verwaltungsstandpunkt, der die Öffnung des Liviaplatzes für den Schienenersatzverkehr vorschlug. Stadtbezirksbeirat Marvin Fommhold: „Es ist mir ein Rätsel, wie es zu diesem Verwaltungsstandpunkt kam. Zudem wurde der Stadtbezirksbeirat Mitte nicht in die Entscheidung einbezogen, obwohl es sowohl im Januar als auch im Februar im Rahmen der regulären Sitzungen dazu die Chance gab.“

„Als demokratische Partei akzeptieren wir den Abstimmungsprozess im Stadtrat“, so Ulrike Böhm, Co-Vorsitzende des Kreisverbandes der Leipziger GRÜNEN. „Wir fordern für die Zeit der Verkehrsumleitung geeignete Maßnahmen für eine gefahrlose Überquerung des Liviaplatzes. Wir sagen ganz klar NEIN zum vollständigen Rückbau der Platzgestaltungselemente – von der Modellprojektzone muss auch während der Umleitung so viel wie möglich erhalten werden. Vor allem ist daran zu denken, dort die Geschwindigkeit zu begrenzen.“

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