Nachhaltige Entwicklung des Wilhelm-Leuschner-Platzes mit möglichst viel Grünerhalt
Der Wilhelm-Leuschner-Platz steht wie kein anderes städtebauliches Projekt in Leipzig für die Konfliktlinie zwischen baulicher Verdichtung und Grünerhalt. Die Planungen beschäftigen uns nun bereits, mal mehr, mal weniger, seit den 1990er Jahren und die Diskussion um die künftige Gestaltung nimmt nun angesichts des anstehenden Satzungsbeschlusses und ersten bauvorbereitenden Maßnahmen wieder an Fahrt auf.
Grundsätzlich steht die Innenbebauung im Spannungsfeld zwischen dem Erhalt und dem Mehr von Grün- und Freiflächen, die wir auch als Kaltluftentstehungsgebiete brauchen, einerseits und der Nachverdichtung andererseits, um die weitere Flächenversiegelung zu stoppen und lange Wege zu vermeiden.
Wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben uns sehr früh für den Bau einer Markthalle auf dem historischen Grundstück des ehemaligen Wilhelm-Leuschner-Platzes eingesetzt.
Der Bau einer Markthalle, die gerade der regionalen Erzeugung und Herstellung von heimischen Produkten Absatz offeriert, aber auch kurzen Lieferwegen gerecht wird, symbolisiert für uns einen bewussteren Umgang mit LEBENsmitteln.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt sich seit vielen Jahren für mehr Grün in der Stadt und der Innenstadt im Rahmen des Baumschutzes und Straßenbaumkonzeptes, für eine Gründachsatzung und forcierte Fassadenbegrünung ein. Wir haben einen Antrag für eine Gesamtstrategie und ein Maßnahmenpaket zur Klimawandelanpassung eingereicht und erfolgreich Haushaltsmittel für eine Umsetzung ab 2024 durchgesetzt. Für die Innenstadt beantragen wir derzeit ein neues Gestaltungskonzept und einen darauf aufbauenden Maßnahmenplan, um mehr Grün im öffentlichen Raum der Innenstadt zu schaffen.
Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass neue Stadträume wie der Bayerische Bahnhof oder der Eutritzscher Freiladebahnhof öffentliche Park- und Grünflächen und eine grün-blaue Infrastruktur bekommen und vorhandenes Grün bei neuen Baugebieten weitestmöglich erhalten bleibt oder zusätzlich geschaffen wird. Wir werden nicht müde, immer wieder die Besprechung von Auslobungen von Architektur- und Gestaltungswettbewerben in den Fachausschüssen, den
Ortschafts- und Stadtbezirksbeiräten einzufordern.
Gleichzeitig sehen wir dennoch einen massiven Verlust von Grün- und Brachflächen in der wachsenden Stadt und auch, dass zu viele Bäume ersatzlos verschwinden.
Die (Wieder)Entwicklung des Leuschner-Platzes ist in der Stadtgesellschaft und im Stadtrat von einer breiten Mehrheit und mehreren Ratsbeschlüsse getragen. Das betrifft auch die Bebauung des östlichen Teils mit drei Baufeldern in Orientierung an den gegebenen städtebaulichen Strukturen und die Entwicklung des westlichen Teils als Freifläche. Wir respektieren diese mehrfachen, demokratisch getroffenen Grundsatzentscheidungen und betrachten sie als Grundlage unseres Handelns beim Leuschner-Platz.
Beim Wilhelm-Leuschner-Platz geht es für uns darum, die bestehende, zu 70% versiegelte Brachfläche im Sinne der doppelten Innenentwicklung zu entwickeln und dabei möglichst viel Grün in Form von Hecken und Bäumen zu erhalten und neu zu schaffen. Die Bebauung des Wilhelm-Leuschner-Platzes hat folgende Vorteile:
- der Platz hat ein großes Entwicklungspotenzial und stadträumlich einen hohen Wert,
- die Erschließung existiert bereits und der Anschluss mit dem ÖPNV ist vorhanden,
- mit einer zukunftsorientierten und grünen Platzgestaltung erreichen wir eine Entlastung der Innenstadt und Parks von den vielen und zahlreichen Veranstaltungen,
- aufgrund des Wachstums unserer Stadtbevölkerung sprechen wir uns für flächensparendes Bauen ein und fühlen uns immer für die Umsetzung der Grundsätze, „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ und „doppelte Innenentwicklung“ verantwortlich.
Ähnlich wie der Matthäikirchhof verdient auch der Wilhelm-Leuschner-Platz als letzte große innerstädtische Brache und kommunale Fläche eine qualitativ hochwertige Entwicklung, ohne dabei die auch für uns zentralen Belange von bezahlbarem Wohnen, Flanieren und Aufenthaltsqualität und hohem Grünanteil außer Acht zu lassen. Dabei ist das flächensparende Bauen ein für uns zentrales Credo.
Wir haben bereits mit Auslegungsbeschluss des B-Plans Leuschnerplatz neben der Zielsetzung eines klimaneutralen und autofreien Quartiers entscheidende Punkte für ein grünes Quartier auf dem Leuschnerplatz durchgesetzt:
- ein integriertes Grün- und Artenschutzkonzept für alle Grün- und Erholungsflächen sowie Dach- und Fassadenbegrünungen, mit dem ein vollständiger Ausgleich des derzeitigen Artenbestands im Rahmen eines Biotopverbunds ermöglicht sowie eine zusätzliche sommerliche Aufheizung vermieden wird,
- die Auslobung eines Wettbewerbs für die Gestaltung des als öffentliche Freifläche bezeichneten Teils des Plangebiets vorzubereiten und eine Fertigstellung bis 2025 anzustreben, um Ausweichmöglichkeiten für vorhandene Arten des Plangebiets zu schaffen,
- Für die Gesamtzahl der Baumpflanzungen wird die aktive CO2-Bindungskapazität des Baumbestandes vor dem 31.12.2020 zu Grunde gelegt
- Für die Pflanzungen sind vorrangig entsprechende Bestandsbäume im Plangebiet einzusetzen. Eine Fällung von Bäumen ist nur zulässig, wenn deren Nichteignung für eine Umpflanzung nachgewiesen wurde.
- Gründächer sind als Dachgärten mit gebietsheimischen Stauden, Sträuchern und Gehölzen unter naturschutzfachlicher Begleitung intensiv zu begrünen
- Bei der Erteilung zu den Sondernutzungserlaubnissen für Baustelleneinrichtungen wird auf eine sparsame Inanspruchnahme der öffentlichen Freifläche bzw. Straßenflächen hingewirkt. Eine Wegnahme von bestehenden Grünstrukturen bzw. Biotoptypen der öffentlichen Freifläche sowie die öffentliche Freifläche westlich des Citytunnels wird vermieden.
Nicht durchsetzen konnten wir uns mit dem Antrag, dass die Baulinie für den Erhalt von Grün im Einzelfall zurückgesetzt werden soll. Wir streiten aber weiter dafür, dass der alsbald vorliegende Satzungsbeschluss dem Umstand des Erhalts von Grün Rechnung trägt.
In der weiteren Entwicklung der Fläche setzen wir Bündnisgrünen uns dafür ein, dass von dem bestehenden Grün - in Form von Bäumen UND Hecken - soviel wie möglich erhalten wird.
Auch das Umsetzen von Bäumen mit hohem Schutzstatus gehört ausdrücklich dazu. Für jedes wegfallende Grün muss unverzüglicher, tatsächlich vorgezogener Ausgleich erfolgen, der die Habitatstrukturen beachtet. Wir werden dabei genau darauf achten, dass Natur- und Artenschutzvorgaben streng beachtet werden. Wir sind uns bewusst, dass nur ein kleiner Teil des Baum- und Grünbestands erhalten bleiben wird.
Wir setzen darauf, dass sich die Träger der öffentlichen Belange, zu denen die Umweltverbände gehören, und viele Bürger*innen wie bisher auch, konstruktiv und kritisch mit ihren Belangen einbringen. Nach einer zunächst unzureichenden Bürgerbeteiligung zur Entwicklung der Fläche, gibt es nun zur Entwicklung der Freifläche eine umfassende Beteiligung der Umweltverbände und der Bürger*innen. So konnte durch tausende Meldungen im Rahmen der laufenden Beteiligung ein hoher Grünanteil eingefordert werden. Wir erwarten, dass sich dies in der Auslobung des Wettbewerbs, den Planungen und der Umsetzung widerspiegelt.
Stand: März 2023